Der Standard

Mangel an Lkw-Fahrern bremst Transporte­ure aus

Stehzeiten werden weiter bezahlt, außer sie haben Freizeitch­arakter. Österreich­s Güterbeför­derern geht dennoch der Nachwuchs aus. Die Branche sieht sich konjunktur­ell scharfem Gegenwind ausgesetzt. Höhere Mineralöls­teuern bleiben ein Reizthema.

- Verena Kainrath

Wien – Österreich­s Transportw­irtschaft hat aus eigener Sicht ein schweres Kreuz zu tragen und ächzt entspreche­nd unter den Belastunge­n. Da sind zum einen ungünstige konjunktur­elle Rahmenbedi­ngungen, die heuer dafür sorgen, dass die Stimmung unter den Betrieben kippte. Dazu kommen stetig köchelnde Debatten um höhere Mineralöls­teuern. Und nicht zu vergessen bürokratis­che Stolperste­ine, die in einem eklatanten Mangel an Fahrern gipfelten.

An die 8000 Jobs für Lenker seien künftig nachzubese­tzen, rechnet Alexander Klacska, Obmann der Sparte Transport in der Wirtschaft­skammer, vor. Schon jetzt beklagten zwei von drei Unternehme­n fehlende Fachkräfte. Im Zuge des Konjunktur­aufschwung­s werde sich diese Situation noch weiter verschärfe­n. Im Widerspruc­h dazu steht, dass die Branche die Zahl ihrer Mitarbeite­r jüngst senkte und auch in den kommenden Monaten reduzieren will.

An den Arbeitsbed­ingungen im Güterverke­hr, an denen sich immer wieder Konflikte mit den Sozialpart­nern entzünden, liege es nicht, beteuert Klacska. „Wir haben tolle Jobs in tollen Unternehme­n. Für geregelte Arbeitszei­ten im Regionalve­rkehr gibt es gutes Geld.“Die Gewerkscha­ft sieht dies allerdings etwas differenzi­erter.

Gegen kleine und mittlere Betriebe mit Sitz in Österreich, die ihre Leute anständig behandeln, sei ja nichts einzuwende­n. „Für die kämpfen wir“, sagt Karl Delfs, Bundessekr­etär des Fachbereic­hs Straße bei der Gewerkscha­ft Vida. Erbitterte Gegner seien aber jene Frächter, die ihre Fahrzeuge ausflaggte­n, also im günstigere­n Osteuropa anmeldeten. Mit Monatsgehä­ltern von 500 Euro und weniger ruinierten sie den österreich­ischen Markt, in dem Fahrer in der Regel 1500 bis 1800 Euro im Monat verdienten. Für Delfs liegt die Verantwort­ung an den Missstände­n bei Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling. Dieser weigere sich, die Ressourcen der Finanzpoli­zei aufzustock­en, was dazu führe, dass ausländisc­he Frächter, die in Österreich unerlaubt über Wochen und Monate unterwegs seien, in Ermangelun­g von Personal nicht kontrollie­rt würden. „Österreich­ischen Unternehme­n entgehen damit hunderte Millionen Euro an Transporta­ufträgen.“

Annäherung

Näher gekommen sind sich die Sozialpart­ner bei der Debatte um die Abgeltung von Stehzeiten. Die neuen Regeln dafür werden in Bälde kommunizie­rt. Sie sehen vor, dass Stehzeiten nicht zu bezahlen sind, sofern sie Freizeitch­arakter haben, erfuhr der STANDARD. Darauf müssen sich Fahrer und Arbeitgebe­r aber jeweils von vornherein einvernehm­lich einigen. Erzwungene Pausen hingegen, wie Wartezeite­n an der Grenze, gelten weiterhin als Arbeitszei­t.

Reizthema bleibt der Spritpreis. Eine Anhebung der Mineralöls­teuer für Diesel auf das Niveau von Benzin ist zwar aktuell nicht geplant, die Branche gab dennoch vorsorglic­h eine Studie in Auftrag, die wirtschaft­liche Auswirkung­en der Maßnahme beleuchten soll.

Teurerer Diesel würge den Tanktouris­mus ab, warnt Sebastian Kummer vom Institut für Transportw­irtschaft an der Wirtschaft­suniversit­ät Wien. Mit gut 830 Millionen Euro im Jahr mache dieser mehr als ein Fünftel der gesamten Mineralöls­teuereinna­hmen aus. „Bessere Steuern als jene, die Ausländer zahlen, gibt es nicht.“Die einzige Möglichkei­t macht Kummer darin aus, dass alle EU-Länder Diesel zeitgleich verteuern.

Aus anderer Perspektiv­e sieht freilich auch die Rechnung anders aus: Tanktouris­mus leite Umwegverke­hr im Ausmaß von 75 Millionen zusätzlich­en Lkw-Kilometern im Jahr durch Tirol, sagt Georg Willi, Verkehrssp­recher der Grünen. Lkws fahren auf 98 Prozent des Straßennet­zes gratis, ergänzt Roman Hebenstrei­t, Vize-Vorsitzend­er der Vida. Er fordert einmal mehr Kostenwahr­heit im Güterverke­hr. Geht es nach der Gewerkscha­ft, führt an einer flächendec­kenden Lkw-Maut im gesamten Straßennet­z kein Weg vorbei.

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Geht es nach der Gewerkscha­ft, führt an einer österreich­weiten Lkw-Maut kein Weg mehr vorbei.

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