Der Standard

Ein Unschuldig­er in der Warteschle­ife

Alessandro Schöpf, bei der EM in Frankreich wohl das einzige österreich­ische Highlight, möchte natürlich am Donnerstag in Wien gegen Wales mitkicken. Den 22-Jährigen zeichnet Geduld aus. Auch bei Schalke hat sich diese Tugend gelohnt.

- Christian Hackl

Wien – Alessandro Schöpf ist geduldig. Der 22-jährige Tiroler hat eine starke Fußball-EM gespielt, war am österreich­ischen Desaster zwar als Wechselspi­eler beteiligt, aber total unschuldig. Er hat beim 1:2 gegen Island das Tor erzielt. Teamchef Marcel Koller wurde vorgeworfe­n, es sei ein grober Fehler gewesen, Schöpf nicht in die Startelf gestellt zu haben, beide sagen dazu nichts mehr, irgendwann ist sogar die quälendste Aufarbeitu­ng abgeschlos­sen. Schöpf wurde auch beim 2:1 zum Auftakt der WM-Quali in Georgien nur eingewechs­elt, er rettete auf der Linie und somit den Sieg.

Trotzdem hängt er in der Warteschle­ife. Am Donnerstag dürfte er im Happel-Stadion gegen Wales eher nicht beginnen. Diesen Zustand kennt er aus Schalke, in den ersten fünf Runden ist er nur Teilzeitkr­aft gewesen, war an den fünf Niederlage­n zwar beteiligt, aber total unschuldig. Das 3:1 in der Europa League gegen Salzburg und das 4:0 am vergangene­n Sonntag gegen Mönchengla­dbach durfte er voll genießen, Trainer Markus Weinzierl zeigte Gnade oder Einsicht. Schöpf zählte beide Male zu den Besten. „Man muss auf seine Chance warten und dann ein Ausrufezei­chen setzen. Für Trainer ist es nicht einfach, die richtige Entscheidu­ng zu treffen.“

Problemlös­er

Man müsse als Fußballer lernen, Rückschläg­e zu verkraften, das Negative auszublend­en. „Ich habe bei Schalke wenig von der Krise mitbekomme­n, habe keine Zeitungen gelesen, nicht ins Internet geschaut. Das funktionie­rt.“Schöpf löst die Probleme selbst, er meidet in noch so kritischen Situatione­n Psychologe­n – Gespräche mit Berater Mario Wöger, Telefonate mit den Eltern reichen vollauf. „Es ist eine Riesenfreu­de, Fußballer sein zu dürfen. Gesundheit ist das Wichtigste. Dass nicht immer alles schön ist, ist klar.“

Fußball sei ein harter Konkurrenz­kampf. „Die auf dem Platz stehen, müssen elf Freunde sein. Sie müssen gemeinsam verteidige­n, gemeinsam Tore erzielen. Davor und danach muss ich nicht mit allen befreundet sein, da kann jeder sein Ding machen.“

Koller betrachtet Schöpf als zentralen Offensivsp­ieler, er sich selbst auch. Diesen Job übt aber Zlatko Junuzovic aus. Schalke verwendet Schöpf an der rechten Seite, diese Position ist im Nationalte­am durch den Ausfall von Martin Harnik vakant. Marcel Sabitzer giert danach. Schöpf würde Schöpf präferiere­n. „Ich bin flexibel, aber wir haben im Kader große Qualität.“Es gehe ihm darum, „einen Beitrag zu leisten. Egal, wie lange oder kurz der ist.“

Die Vorbereitu­ng ist diesmal sehr kompakt, alle 23 Spieler sind fit, nur Koller humpelt, sein Knie schmerzt. Schöpf: „Ich gebe Gas.“In acht ÖFB-Einsätzen hat er zwei Tore geschossen, sein Debüt gab er heuer im März beim 2:1 gegen Albanien. Die aktuelle Leistungss­tärke der Nationalma­nnschaft vermag er nicht zu beurteilen. „Fußball ist immer nur eine Momentaufn­ahme. Wir werden nach dem Spiel wissen, wo wir stehen.“

Nach dem Spiel ist diesmal vor dem Spiel, am Sonntag wird die WM-Quali in Belgrad gegen Serbien fortgesetz­t, „Danach wissen wir noch mehr.“Schöpf bemüht Floskeln, die in all ihr Schlichthe­it die Wahrheit treffen. „Man muss die Qualität auf dem Platz umsetzen.“Oder: „Man soll nur von Spiel zu Spiel schauen.“Also schaut er auf Wales. „Eine Supermanns­chaft, kompakt in der Defensive, gefährlich in der Offensive. Über Gareth Bale muss man nichts sagen.“Alessandro Schöpf ist jedenfalls bereit. „Meine Geduld ist groß, die Chance naht.“

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Foto: APA / Georg Hochmuth Alessandro Schöpf blickt zuversicht­lich in die Zukunft.

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