Rankings: Und sie ergeben doch Sinn
Eine Replik auf die Kritik der jüngsten WEF-Wertung durch die Arbeiterkammer
Österreich liegt seit Jahren in Rankings der Wirtschaftsstandorte im Mittelfeld. Schuld daran sind aber nicht die Rankings, sondern Systemerhalter, die den Fortschritt aufzuhalten versuchen.
Wie steht es um den Standort Österreich? Mit dieser Frage beschäftigen sich regelmäßig zahlreiche namhafte Organisationen, von NGOs bis hin zu Wirtschaftsforschungsinstituten. Deloitte Österreich nimmt diese Rankings zum Anlass, um einmal jährlich im Rahmen der Metastudie „Deloitte.Radar“die wichtigsten Rankings zusammenzufassen, zu interpretieren und daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Immer wieder gibt es Stimmen, die die Rankings infrage stellen – nach dem Motto: Der Standort wird nur krankgeredet, eigentlich geht es uns doch so gut. Und: Die Rankings sind lediglich Wunschlisten von Managern (Miriam Rehm, „Fünf Gründe, warum Wettbewerbsrankings Unsinn sind“, im STANDARD vom 29. 9. 2016). Genau das Gegenteil ist richtig. Die Rankings versuchen einen 360-Grad-Blick auf den Standort, den es für eine fundierte Analyse auch braucht.
Zweifelsohne haben wir in Österreich ein hohes Wohlstandsniveau, die Unternehmer leisten Außergewöhnliches und die Zivilgesellschaft ebenso. Aber es gibt auch die Kehrseite: Die Arbeitslosigkeit steigt trotz Beschäftigungswachstums, und der Reformstau ist enorm. Unternehmertum wird mehr behindert als gefördert. Österreich schlägt sich heute unter Wert.
Daher ist es gut und richtig, dass es Rankings gibt, die Schwachstellen, aber auch positive Ent- wicklungen aufzeigen. Fünf Punkte sprechen für sie:
Wettbewerb schafft Fortschritt Der Wettbewerb zwischen den Standorten ist Realität, Österreich kann sich dem nicht entziehen. Stellen wir uns doch diesem Wettbewerb, wir müssen uns nicht verstecken. Im eigenen Saft zu braten ist schlimmer, als den Blick über den Tellerrand zu wagen und konstruktive Kritik zuzulassen. Die Augen zu verschließen hilft lediglich jenen, die bestehende Systeme nicht hinterfragen wollen und damit Fortschritt behindern.
Manager werden befragt Es ist gut und richtig, die Wirtschaftstreibenden als wichtige Entscheidungsträger zu befragen. Sie schaffen Arbeitsplätze, ermöglichen Innovationen und treffen Investitionsentscheidungen, die maßgeblich zum Wohlstand beitragen. Umso wichtiger ist es, ihnen eine faktenbasierte Grundlage für ihre Entscheidungen zu geben – Rankings sind dafür wie andere Benchmarks ein wichtiger Bestandteil.
Außenblick auf Schwachstellen Auch wenn es wehtut: Es hilft, auf Experten außerhalb Österreichs zu hören. Sie haben einen unverstellten Blick auf die Situation und analysieren nüchtern und faktenbasiert. Entscheidend ist, die richtigen Schlüsse aus den Analysen zu ziehen und sich nicht vor ihnen zu verschließen.
Viele untersuchte Faktoren Eine Kritik lautet, dass zu viele unterschiedliche Faktoren in einen Topf geworfen würden. Aber die Realität ist vielschichtig. Die Zukunft des Standortes hängt von vielen Faktoren ab – von Bildungsund Arbeitsmarktpolitik, Steuersystem, Grad an Regulierungen, sozialem Frieden und ökologischem Bewusstsein. Vielseitigkeit ist für Standortanalysen unab- dingbar, die untersuchten Faktoren stehen nicht miteinander im Widerspruch, sondern adressieren Problembereiche aus unterschiedlichen Perspektiven.
Von den Besten lernen Der Vergleich mit anderen liefert wertvollen Input. Es ist wohl kein Zufall, dass Länder wie die Schweiz und die nordischen Staaten regelmäßig die Rankings anführen. Dort wurde bzw. wird vieles richtig gemacht. Das sollten wir uns zum Vorbild nehmen und von den Besten lernen.
Kopf in den Sand?
Ohne Frage hat jede Datenerhebung Schwächen. Aber den Kopf in den Sand zu stecken ist keine Lösung. Entscheidungsträger in Österreich sind gut beraten, möglichst viele Quellen heranzuziehen, um unser Land besser, wettbewerbsfähiger und zukunftsfit zu machen. Die Systembewahrer sagen oft, der Wohlstand in Österreich sei ohnehin hoch, und die Rankings seien daher obsolet, ein brandgefährlicher Trugschluss. Denn genau jene Länder, die den höchsten Wohlstand ihrer Bürger aufweisen, führen die Rankings an. Und es geht nicht um den Wohlstand, der bis heute gegolten hat. Es geht um den Wohlstand der nächsten Generationen, der das gemeinsame Ziel über ideologische Grenzen hinweg sein sollte.
Beenden wir endlich das Scheuklappendenken und Festhalten an verkrusteten Strukturen. Lassen wir Innovation und Bildung freien Lauf. Dann können wir Österreich wieder an die Spitze bringen – und werden uns plötzlich wieder gerne dem internationalen Vergleich stellen.