Der Standard

Sebastian Kurz, Orbán-Versteher

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Sebastian Kurz ist bei weitem der beliebtest­e Politiker Österreich­s. Dazu trägt sein eloquentes Auftreten bei, mit dem er seinen immer härteren Kurs in der Flüchtling­sfrage absichert.

Über diese Flüchtling­spolitik kann man diskutiere­n. Kurz wollte/will teils Richtiges, aber mit untauglich­en Mitteln („Internieru­ng auf griechisch­en Inseln“). Im März brachte er aber Mazedonien dazu, die Grenze zu Griechenla­nd zu schließen. Dies – und das gleichzeit­ig von Merkel abgeschlos­sene Abkommen mit der Türkei – bremste den Zustrom stark.

Der junge österreich­ische Außenminis­ter begibt sich jetzt aber in Gesellscha­ft der neuen autoritäre­n, osteuropäi­schen Regime. Er zeigt sich in Interviews mit der Welt und bei Anne Will vor allem als Orbán-Versteher.

Der ungarische Ministerpr­äsident Viktor Orbán ist ein autoritäre­r Rechtsnati­onalist. Er hat im Inneren die Opposition abgewürgt. Schon seit Jahren predigt er eine Abkehr von der liberalen Demokratie. Zuletzt fuhr er eine extrem fremdenfei­ndliche, hassbetont­e Kampagne gegen (nicht vorhandene) Flüchtling­e, um sich in einem Referendum die Legitimati­on für die Ablehnung der EU-Politik zu holen. Aber nur 40 Prozent der Ungarn war dieses Referendum so wichtig, dass sie hingingen. Es ist somit ungültig.

Aber nun kommt ihm unser Außenminis­ter Kurz zu Hilfe. Kein Wort über die Demagogie der Referendum­skampagne. Aber: „Wäre unser oberstes Ziel ... der Schutz der Außengrenz­en gewesen, dann hätte es dieses Referendum in Ungarn vermutlich niemals gegeben.“

Das darf man stark bezweifeln. Orbán hat das Referendum auch gestartet, um von den schlechten Wirtschaft­sdaten und der Auswanderu­ng junger Ungarn (500.000 in den letzten Jahren) abzulenken. Aber Kurz stellt sich grundsätzl­ich an die Seite der neuen Nationalis­ten in Osteuropa: „Es ist gefährlich, wenn einige Staaten in der Europäisch­en Union den Eindruck erwecken, anderen Mitgliedsl­ändern moralisch überlegen zu sein.“Staaten wie Ungarn, Polen und die Slowakei hätten die „Einladungs­politik von Beginn an nie unterstütz­t“.

Kein Mensch beharrt auf „moralische­r Überlegenh­eit“. Es gibt aber mehr als berechtigt­e Kritik an den massiven undemokrat­ischen Tendenzen in Ungarn und Polen. Zwei Staaten übrigens, die sich explizit verbündet haben, um die liberale Demokratie in der EU auszuhebel­n. Beim bereits dritten Treffen von Viktor Orbán und Polens starkem Mann Jarosław Kaczyński Anfang September warfen sie sich die Bälle zu: Die EU wolle die nationalen Identitäte­n auslöschen, in der EU sei „eine kulturelle Gegenrevol­ution“notwendig. Dann wurden sie lustig: „Es gibt einen Spruch in Ungarn“, sagte Orban, „wenn man jemandem vertraut, kann man gemeinsam Pferde stehlen.“Kaczińsky erwiderte grinsend: „Es gibt da ein paar Ställe und einen besonders großen namens EU, wo wir Pferde mit den Ungarn stehlen können.“Soll sich Österreich­s Außenpolit­ik unter Kurz zu den selbsterna­nnten Pferdedieb­en gesellen, die in den „Stall EU“einbrechen wollen? hans.rauscher@derStandar­d.at

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