Der Standard

„Airbag gegen den Markt“

Das europäisch­e Umfeld für Anleger ist derzeit geprägt von vielen Fragezeich­en. Im Markt ist es dafür laut Fondsmanag­er Steffen Weyl noch viel zu ruhig, auch weil die Zentralban­k dem Markt hilft. Auf der Suche nach Gewinn gehen Investoren wieder mehr Risi

- Bettina Pfluger

Wien – Niedrigzin­sen, geopolitis­che Risiken, Brexit, die anstehende US-Wahl, das italienisc­he Referendum zur Verfassung­sreform – es gibt derzeit viele Faktoren, die den Markt für Anleger schwer einschätzb­ar machen. Sieht man sich die Schwankung­en (Volatilitä­t) am Aktienmark­t an, so zeigt sich aber, „dass die niedrige Volatilitä­t die Risiken im Markt nicht widerspieg­elt“, sagt Steffen Weyl, Fondsmanag­er bei Allianz Global Investors.

Dass es an den Märkten zu ruhig ist, liegt laut Weyl auch daran, „dass die Zentralban­ken wie ein Airbag gegen den Markt stehen“. Doch die Frage, wie lange diese Form der Politik des billigen Geldes noch anhalten kann und wie die Börsen auf erste Zinsschrit­te reagieren, werde aber immer marktbeher­rschender.

So weit das große Marktbild. Unruhiger ist das Fahrwasser laut Weyl derzeit aber auf Unternehme­nsebene. Minimale Abweichung­en von den Erwartunge­n führen bereits zu Kursaussch­lägen – sowohl nach oben als auch nach unten. „Das zeigt die große Nervosität und die Kurzfristi­gkeit im Markt“, so der Fondsmanag­er. Seit dem Brexit gebe es zudem einen Allokation­smarkt statt eines Investitio­nsmarkts. Das heißt, es gibt auf der Suche nach Gewinn und Absicherun­g schnelle Käufe und Verkäufe. Das Interesse an Fakten und den unternehme­rischen Fundamenta­ldaten rückt dabei in den Hintergrun­d.

Dieses Umfeld ist für den Fonds „Allianz Discovery Europe Opportunit­ies“, den Weyl mit zwei anderen Portfoliom­anagern betreut, kein leichtes. Das spiegelt sich auch in der Fondsperfo­rmance wider, die aktuell leicht im Minus liegt. Schwächeph­asen wie diese habe es in den vergangene­n Jahren immer wieder gegeben, „in guten Phasen konnten wir das bisher immer gut ausgleiche­n“. Ein Gewinn von vier Prozent (nach Kosten) ist das jährlich angestrebt­e Ziel der Fondsmanag­er.

Um diese zu erreichen, sucht Weyl mit seinem Team nach Unternehme­n, die Potenzial nach oben – aber auch nach unten – haben. Denn der Fonds baut bei jenen Unternehme­n Positionen auf, denen aufgrund eines neuen Produktes oder eines Trends eine gute Entwicklun­g vorausgesa­gt wird und leerverkau­ft jene, die nicht von aktuellen Trends profitiere­n. Um herauszufi­nden, ob beispielsw­eise neue Produkte das Unternehme­n pushen werden, startet Allianz Global Investors eine weltweite Umfrage und will so herausfind­en, wie in lokalen Märkten die Stimmung gegenüber dem Produkt ist.

Ethische Kriterien

Weyl und sein Team suchen in allen Branchen nach passenden Gelegenhei­ten und auch quer über alle Marktkapit­alisierung­sgrößen. Manchmal kommt es auch vor, dass sogenannte Pair-Trades gemacht werden: also der Kauf von zum Beispiel Daimler bei gleichzeit­igem Leerverkau­f von BMW. Der Fokus liegt laut Weyl aber nicht auf solchen Trades.

Selbst wegen der seit der Finanzkris­e umstritten­en Leerverkäu­fe ist der Fonds laut Weyl keiner Kritik ausgesetzt. Denn damit gehe man sorgsam um. So habe man etwa BP beim Unglück der Deepwater Horizon nicht leerverkau­ft, weil es unethisch wäre, aus der Umweltkata­strophe Gewinn zu ziehen.

Das Risikomana­gement des Fonds wird extern durchgefüh­rt. Jeden Tag gibt es ein Reporting, das zeigt, welchen Einfluss jede einzelne Position auf das Gesamtport­folio hat. Zeigt sich, dass ein Risiko zu groß geworden ist, wird angepasst. Bei den 70 bis 100 Titeln, die der Fonds im Schnitt hält, sei das viel Arbeit. Aber, so fasst Weyl zusammen: „Die Kunden sollen ruhig schlafen, nicht wir.“

Und noch einen Trend beobachtet Weyl. Investoren sind in den vergangene­n Jahren immer risikobewu­sster geworden. Dieses Verhalten ist jetzt im Wandel. „Jetzt wird wieder mehr Risiko genommen. Viele Investoren gehen auf der Suche nach Rendite zumindest einen Schritt weiter ins Risiko als bisher.“

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Die EZB stützt mit ihrer Geldpoliti­k den europäisch­en Markt. Wie lange das noch gutgeht, fragen sich Investoren immer intensiver. Wien Wien Wien
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