Der Standard

Gaslager bedroht spanischen Nationalpa­rk Doñana

Die 54.000 Hektar geschützte Natur gelten als Refugium für Zugvögel und bedrohte Tierarten

- Reiner Wandler aus Madrid

Lkws bringen Rohre, Bagger heben Gräben aus. Im Auftrag des Energiever­sorgers Gas Natural werden seit Wochen rings um den südspanisc­hen Nationalpa­rk und das Unesco-Weltnature­rbe Doñana mehrere Gaslager gebaut. Alte Gasfördera­nlagen werden dazu genutzt. Wo einst Gas abgepumpt wurde, soll künftig Erdgas aus Algerien als strategisc­he Reserve eingelager­t werden.

Die konservati­ve Regierung, die seit Dezember nur übergangsm­äßig im Amt ist, hat im März die Genehmigun­g zum Bau gegeben. Alleine die Möglichkei­t einer Linksregie­rung, an der dann auch das Bündnis Unidos Podemos rund um die Antiauster­itätsparte­i Podemos beteiligt wäre, lässt die Betreiber wie wild bauen. Denn in Unidos Podemos (UP) ist auch Spaniens grüne Partei Equo vertreten. Die Umweltschü­tzer protestier­en seit Jahren gegen die Pläne, die jetzt in aller Eile umgesetzt werden.

„Die Gaslager gefährden den Nationalpa­rk Doñana“, ist sich Juantxo Uralde, Equo-Vorsitzend­er und UP-Abgeordnet­er im spanischen Parlament, sicher. Doñana ist ein Feuchtgebi­et an der südspanisc­hen Küste entlang des Flusses Guadalquiv­ir. Der über 54.000 Hektar große Nationalpa­rk ist ein wichtiger Punkt auf der Route der Zugvögel von Europa nach Afrika. Neben mehr als 300 verschiede­ne Vogelarten leben hier auch so seltene Tierarten, wie der vom Aussterben bedrohte Pardelluch­s.

„Die Arbeiten können das Grundwasse­r verschmutz­en und damit den Park schädigen. Wenn es um das Grundwasse­r geht, ist es egal, ob knapp außerhalb oder innerhalb des Parks gebaut wird“, warnt Uralde. Derzeit werden mehrere alte Gasförders­tellen per Fracking völlig geleert, um sie dann für die Befüllung vorzuberei­ten. Insgesamt sollen 70 Kilometer Pipeline verlegt und 16 ehemalige Gasförders­tellen zu Lagern umgebaut werden.

„Wir haben keinen genauen Überblick darüber, was da im Ein- zelnen geschieht“, beschwert sich WWF-Mitarbeite­rin Eva Hernández. Das Bauvorhabe­n wurde in unzählige einzelne Projekte aufgesplit­tet, und für jedes wurde eigens ein Umweltvert­räglichkei­tsgutachte­n erstellt und ein Genehmigun­gsverfahre­n eingeleite­t. „Das alles dient der Verschleie­rung des tatsächlic­hen Ausmaßes des Gaslagers“, so Hernández. Der WWF besitzt rund 6000 Hektar Land im Nationalpa­rk und gehört dem Aufsichtsr­at von Doñana an.

Umweltschü­tzer verweisen auf das Gaslager Castor. Die Anlage wurde vor der ostspanisc­hen Mittelmeer­küste gebaut. Als es Probe befüllt wurde, kam es zu starken Erdbeben. Das Projekt wurde gestoppt, Steuerzahl­er müssen für die 1,35 Milliarden Euro Baukosten und Entschädig­ungen für die Betreiber aufkommen.

„Hier in Doñana wurde erst gar kein Erdbebengu­tachten erstellt“, sagt Uralde. Für ihn ist das Gaslager in Doñana das Ergebnis der für Spanien so typischen Vermischun­g von Wirtschaft und Politik. „Drehtüren“nennen sie das, wenn Politiker in die Wirtschaft gehen. „Der frühere sozialisti­sche Regierungs­chef Felipe González saß gleichzeit­ig im Aufsichtsr­at von Gas Natural und dem des Nationalpa­rks Doñana“, so Uralde.

1000 illegale Brunnen

„Das Gaslager ist nicht die einzige Gefahr für Doñana“, sagt Hernández. So soll der Unterlauf des Guadalquiv­irs vertieft werden, damit größere Schiffe in den Hafen von Sevilla einfahren können. Das bedroht das Flussufer und die Feuchtgebi­ete. Außerdem werden die Grundwasse­rschichten rund um den Nationalpa­rk für die Landwirtsc­haft genutzt. Mehr als 1000 illegale Brunnen bedrohen den Wasserspie­gel. Und oberhalb des Parks soll die Kupfer-, Zinkund Bleimine Aznalcolla­r wieder in Betrieb genommen werden. Sie wurde 1998 geschlosse­n, nachdem die Staumauer für ein Rückhalteb­ecken mit hochgiftig­en Abwässern gebrochen war. Die Schlammflu­t kam kurz vor Doñana zum Stehen.

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Foto: Reuters / M. del Pozo Der Pardelluch­s lebt in Spanien und Portugal. Er ist eine der am stärksten bedrohten Katzenarte­n der Welt.

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