Der Online-Riese hat fünf Geräte vorgestellt, mit denen vor allem der neue Sprachassistent Google Assistant Hosentaschen und Wohnungen der User erobern soll. Dahinter steckt ein wichtiger Kurswechsel. Ein Google für alles und jeden
San Francisco / Berlin – In einer ehemaligen Fabrikshalle in San Francisco machte Google am Dienstag Ernst mit seiner Neuausrichtung vom Serviceanbieter zum Hardwareproduzenten. Lange erwartet worden waren vor allem die zwei neuen Smartphones, die der Konzern ähnlich positioniert wie Apple seine iPhones. Schon Wochen zuvor waren im Internet erste Details zu den Handys kursiert, die mit der frischen Android-Version 7.1 laufen. Präzise Verarbeitung, flotte Performance und eine gute Kamera sollen die Kunden zum Kauf animieren. Wie der Konkurrent verlangt man für sie allerdings auch sehr üppige Preise. 759 Euro kostet das kleinere Pixel-Modell mit fünf Zoll Bildschirmdiagonale in der Variante mit 32 GB Speicher. Mindestens 899 Euro muss man für das Pixel XL mit 5,5Zoll-Display aufbringen. Die Ausgaben mit 128 GB Speicher schlagen sich nochmals deutlich teurer auf das Budget nieder.
Softwareseitig sollen sich die Geräte durch die tiefe Integration verschiedener Google-Dienste abheben. Egal ob Messaging, Fotos oder Terminplanung, im Hintergrund werkt stets der Google Assistant, der durch große Fortschritte im Bereich des Maschinenlernens flott Zusatzinformationen und erweiterte Funktionen bieten soll. Konferiert man etwa mit Freunden über einen Restaurantbesuch, reicht eine kurze Frage, um sich Empfehlungen oder Daten zu Anfahrt und Reservierung liefern zu lassen. Außerdem sind es die ersten Smartphones, die offiziell kompatibel mit der VirtualReality-Plattform Daydream sind, zu der Google auch gleich eine passende Halterung namens View nebst eigenem Controller vorgestellt hat. Partnerschaften mit Filmfirmen, Games-Herstellern und Streaming-Anbietern sollen Nutzer für die junge Technologie begeistern.
Google macht’s persönlich
Der Sprachassistent soll nicht nur besonders gut beim Verstehen von Kommandos sein, sondern auch laufend vom Nutzer lernen. Hat Google einst mit der Suchma- schine das Internet für die Allgemeinheit deutlich zugänglicher gemacht, soll der Assistant nun helfen, das eigene digitale Leben besser zu ordnen und zu steuern. Denn, so das Argument, jeder Nutzer bedient sich heute bereits unzähliger digitaler Dienste verschiedenster Bereiche. Die Übersicht geht schnell verloren.
Google Home, ein mit Mikrofonen ausgestatteter Lautsprecher, macht die Fertigkeiten des Assistant zu Hause verfügbar. Das Ändern des Thermostats, der Wechsel der Musik-Playlist oder der Versand einer Whatsapp-Nachricht ist damit nur noch ein Sprachkommando entfernt. Für gute WLAN-Abdeckung soll dabei wiederum der Wi-Fi-Router sorgen, der konzeptuell auf mehrere verteilte Zugriffspunkte anstelle eines zentralen setzt. Das ermög- licht die intelligente Verteilung von Verbindungsressourcen dahin, wo sie gerade benötigt werden. Dazu sollen die Geräte, die einzeln und im Dreierpack vermarktet werden, dem Nutzer lästiges Netzwerkmanagement abnehmen und ihre Firmware automatisch aktualisieren.
Ein Markt im Wandel
Es ist längst nicht nur das Streben nach Innovation, das Google zu seinem Kurswechsel bewegt hat. Die klassische Suchmaschine verliert an Bedeutung, dementsprechend muss Google mehr auf die eigenen Dienstleistungen setzen. Diese werden nun nicht mehr nur durch das Android-Betriebssystem, sondern auch durch eigene Hardware gepusht. Im Smartphone-Bereich zeigt sich dabei, dass Google offenbar seinen Hard- ware-Partnern wie Samsung nicht zutraut, mit der Entwicklung von Hardware und ihren eigenen Android-Adaptionen mit Konkurrenten wie Amazon, Apple und Microsoft mitzuhalten, die alles unter einem Dach betreiben.
Das zeigt sich bereits bei anderen Gerätesparten: Im stetig wachsenden Bereich der Convertibles belegt Android bislang nur eine Nische. Gleichzeitig ist man bei Google frustriert darüber, dass viele Hersteller bei der Auslieferung von Versions- und Sicherheitsupdates für Android nachlässig sind. Dazu kann man mit eigenen Geräten auch künftigen Kartellklagen entgehen. Denn aktuell drohen Google aufgrund der den Herstellern vorgeschriebenen Verzahnung zwischen den eigenen Diensten und Android in der EU und Russland hohe Strafen.