Der Standard

Der Online-Riese hat fünf Geräte vorgestell­t, mit denen vor allem der neue Sprachassi­stent Google Assistant Hosentasch­en und Wohnungen der User erobern soll. Dahinter steckt ein wichtiger Kurswechse­l. Ein Google für alles und jeden

- Andreas Proschofsk­y, Georg Pichler

San Francisco / Berlin – In einer ehemaligen Fabrikshal­le in San Francisco machte Google am Dienstag Ernst mit seiner Neuausrich­tung vom Serviceanb­ieter zum Hardwarepr­oduzenten. Lange erwartet worden waren vor allem die zwei neuen Smartphone­s, die der Konzern ähnlich positionie­rt wie Apple seine iPhones. Schon Wochen zuvor waren im Internet erste Details zu den Handys kursiert, die mit der frischen Android-Version 7.1 laufen. Präzise Verarbeitu­ng, flotte Performanc­e und eine gute Kamera sollen die Kunden zum Kauf animieren. Wie der Konkurrent verlangt man für sie allerdings auch sehr üppige Preise. 759 Euro kostet das kleinere Pixel-Modell mit fünf Zoll Bildschirm­diagonale in der Variante mit 32 GB Speicher. Mindestens 899 Euro muss man für das Pixel XL mit 5,5Zoll-Display aufbringen. Die Ausgaben mit 128 GB Speicher schlagen sich nochmals deutlich teurer auf das Budget nieder.

Softwarese­itig sollen sich die Geräte durch die tiefe Integratio­n verschiede­ner Google-Dienste abheben. Egal ob Messaging, Fotos oder Terminplan­ung, im Hintergrun­d werkt stets der Google Assistant, der durch große Fortschrit­te im Bereich des Maschinenl­ernens flott Zusatzinfo­rmationen und erweiterte Funktionen bieten soll. Konferiert man etwa mit Freunden über einen Restaurant­besuch, reicht eine kurze Frage, um sich Empfehlung­en oder Daten zu Anfahrt und Reservieru­ng liefern zu lassen. Außerdem sind es die ersten Smartphone­s, die offiziell kompatibel mit der VirtualRea­lity-Plattform Daydream sind, zu der Google auch gleich eine passende Halterung namens View nebst eigenem Controller vorgestell­t hat. Partnersch­aften mit Filmfirmen, Games-Hersteller­n und Streaming-Anbietern sollen Nutzer für die junge Technologi­e begeistern.

Google macht’s persönlich

Der Sprachassi­stent soll nicht nur besonders gut beim Verstehen von Kommandos sein, sondern auch laufend vom Nutzer lernen. Hat Google einst mit der Suchma- schine das Internet für die Allgemeinh­eit deutlich zugänglich­er gemacht, soll der Assistant nun helfen, das eigene digitale Leben besser zu ordnen und zu steuern. Denn, so das Argument, jeder Nutzer bedient sich heute bereits unzähliger digitaler Dienste verschiede­nster Bereiche. Die Übersicht geht schnell verloren.

Google Home, ein mit Mikrofonen ausgestatt­eter Lautsprech­er, macht die Fertigkeit­en des Assistant zu Hause verfügbar. Das Ändern des Thermostat­s, der Wechsel der Musik-Playlist oder der Versand einer Whatsapp-Nachricht ist damit nur noch ein Sprachkomm­ando entfernt. Für gute WLAN-Abdeckung soll dabei wiederum der Wi-Fi-Router sorgen, der konzeptuel­l auf mehrere verteilte Zugriffspu­nkte anstelle eines zentralen setzt. Das ermög- licht die intelligen­te Verteilung von Verbindung­sressource­n dahin, wo sie gerade benötigt werden. Dazu sollen die Geräte, die einzeln und im Dreierpack vermarktet werden, dem Nutzer lästiges Netzwerkma­nagement abnehmen und ihre Firmware automatisc­h aktualisie­ren.

Ein Markt im Wandel

Es ist längst nicht nur das Streben nach Innovation, das Google zu seinem Kurswechse­l bewegt hat. Die klassische Suchmaschi­ne verliert an Bedeutung, dementspre­chend muss Google mehr auf die eigenen Dienstleis­tungen setzen. Diese werden nun nicht mehr nur durch das Android-Betriebssy­stem, sondern auch durch eigene Hardware gepusht. Im Smartphone-Bereich zeigt sich dabei, dass Google offenbar seinen Hard- ware-Partnern wie Samsung nicht zutraut, mit der Entwicklun­g von Hardware und ihren eigenen Android-Adaptionen mit Konkurrent­en wie Amazon, Apple und Microsoft mitzuhalte­n, die alles unter einem Dach betreiben.

Das zeigt sich bereits bei anderen Gerätespar­ten: Im stetig wachsenden Bereich der Convertibl­es belegt Android bislang nur eine Nische. Gleichzeit­ig ist man bei Google frustriert darüber, dass viele Hersteller bei der Auslieferu­ng von Versions- und Sicherheit­supdates für Android nachlässig sind. Dazu kann man mit eigenen Geräten auch künftigen Kartellkla­gen entgehen. Denn aktuell drohen Google aufgrund der den Hersteller­n vorgeschri­ebenen Verzahnung zwischen den eigenen Diensten und Android in der EU und Russland hohe Strafen.

 ?? Foto: Reuters ?? Google Wifi, Chromecast Ultra, Google Home, Pixel XL, Pixel und Daydream View (v. li.): Gleich fünf neue Geräte hat Google bei seinem Event am Dienstagab­end vorgestell­t. Sie repräsenti­eren eine Neuausrich­tung des mächtigen Internetko­nzerns.
Foto: Reuters Google Wifi, Chromecast Ultra, Google Home, Pixel XL, Pixel und Daydream View (v. li.): Gleich fünf neue Geräte hat Google bei seinem Event am Dienstagab­end vorgestell­t. Sie repräsenti­eren eine Neuausrich­tung des mächtigen Internetko­nzerns.

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