Statt an die Waffe zum Studieren nach Österreich
Ein volles Studium kann nur mit passenden Dokumenten und guten Sprachkenntnissen begonnen werden Viele Menschen, die flüchten mussten, hatten in ihrer Heimat eine Unilaufbahn vor sich. Rund 1105 Flüchtlinge besuchten vergangenes Semester Kurse in Österrei
Wien/Klagenfurt – Yanal Qat wollte keine Waffe tragen. Da dies in seinem Heimatland Syrien aber keine Option war, verließ er das Land. In Damaskus, an der ältesten Universität des Landes, studierte der heute 26-Jährige Business-Management. Dass er in Österreich gelandet ist, war nicht Qats Plan: „Mein Glück war, dass mir jemand ein Flugticket nach Wien gab. Hier hatte ich zwei Möglichkeiten: Gefängnis oder um Asyl ansuchen.“Das war 2015.
Dass er jetzt in Klagenfurt lebt, hat Qat sich ebenso wenig ausgesucht. Da er weiter studieren wollte, schrieb er sich vergangenes Semester im Rahmen des More-Projekts für Kurse an der Uni Klagenfurt ein. Das Projekt wurde von der Universitätskonferenz (Uniko) in Kooperation mit Hochschulen der Länder ins Leben gerufen und soll „Flüchtlingen Perspektiven für ein Studium“eröffnen, wie es seitens der Uniko heißt. Daher wur- den ausgewählte Lehrveranstaltungen entweder für Asylwerber geöffnet oder werden eigens für sie angeboten. In erster Linie geht es also nicht darum, ein nahtlos anschließendes Studium zu ermöglichen, sondern in Kontakt mit anderen Wissenschaftern zu treten. Es soll zudem eine Möglichkeit sein, den Unibetrieb hierzulande kennenlernen zu können. Qat besuchte Informatikkurse im Masterprogramm. Diese hätten zwar nicht direkt mit seinem Studium zu tun, seien diesem aber am nächsten gekommen, erzählt er.
Krieg als Fluchtgrund
1104 andere Menschen haben ihm das im vergangenen Sommersemester gleichgetan und sich für einen More-Kurs eingeschrieben. Zahlen für das kommende Wintersemester gibt es noch nicht, weil man sich bis Ende November registrieren kann, sagt More-Koordinatorin Nadine Shovakar. Klar sei jedenfalls: „Es sind mehr Männer, die das Angebot nützen.“Auch welche Studienrichtungen präferiert werden, kann Shovakar nicht sagen, da alle Kurse einzeln gewählt werden können und nicht an die Auswahl einer bestimmten Studienrichtung geknüpft sind.
Auch Mohamad Mustafa, der in Aleppo an der Fakultät für Humanwissenschaften studierte, zwang der Krieg zur Flucht. Er bekam Asyl in Österreich. Für Mustafa, der bereits einen Master in Archäologie absolviert hat, beginnt in den kommenden Tagen wieder das Studentenleben: Seine Bachelor- und Masterzertifikate wurden anerkannt, er kann nach Jahren der durch den Krieg und die Flucht erzwungenen Unterbrechung sein Doktorat beginnen.
Der 28-Jährige, der in einer Wohngemeinschaft im sechsten Wiener Gemeindebezirk wohnt, arbeitete bereits einige Monate an der Akademie der Wissenschaften und beschäftigte sich mit der Archäologie in der Levante, sein Fachbereich wird der Nahe Osten sein. Für sein Studium wird lediglich ein niedriges Deutsch-Level auf A2 verlangt, da das Studium auf Englisch basiert. Mustafa hatte diesbezüglich aber sowieso einen Startvorteil: Seine Tante lebt schon lange in Niederösterreich, er hatte darum schon vor seiner Flucht einen Bezug zu Österreich. Anfangs hat er bei seiner Verwandten in einem kleinen Ort in der Nähe von Wien gelebt und hat Deutschkurse besucht. „Ob ich bei meinem bisherigen Feld bleibe, weiß ich ehrlich gesagt noch nicht“, sagt Mustafa. „Vielleicht werde ich auch in den Tourismusbereich wechseln.“
Bescheid erschwert Studium
Eigentlich wollte auch Qat jetzt gemeinsam mit den knapp 300.000 anderen Studierenden an einer österreichischen Hochschule das Ende der Sommerferien einläuten. Doch die Realität hat ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht: Seit seinem positiven Asylbescheid – er ist nun subsi- diär Schutzberechtiger – kann er sich also als normaler Student eintragen. Damit verliert er jedoch seinen Anspruch auf Beihilfen, deren Verlust er durch einen eigenen Verdienst ausgleichen müsste. Bloß: Die Situation am Arbeitsmarkt ist schwer für ihn, Qualifikationen werden oft nicht anerkannt, und ausgezeichnete Deutschkenntnisse sind gefragt. Finanziell ist Weiterstudieren also derzeit nicht möglich, erzählt Qat, der noch darauf wartet, ob sein Abschluss aus Damaskus als Bachelor oder Master gewertet werden wird. Bis dahin besucht auch er Deutschkurse.