Der Standard

Mensa-Kaffee mit Gerechtigk­eitsanspru­ch

Der Verein Fairtrade zeichnet Hochschule­n, die sich für fairen Handel einsetzen, mit einem Siegel aus. Besonders engagiert sind Unis in Großbritan­nien. In Österreich gibt es noch keine „faire Uni“.

- Selina Thaler

Oxford/Saarbrücke­n/Wien – Fast jeder kennt es: das grün-blauschwar­ze, Yin und Yang ähnliche Siegel, das fairen Handel auszeichne­t. Allein in Österreich geben 92 Prozent der Befragten an, das Fairtrade-Siegel zu kennen. Das ergab 2015 eine Konsumente­nstudie des britischen Meinungsfo­rschungsin­stituts Globescan, bei der 1007 Personen in 15 Ländern befragt wurden. Geht es nach dem Verein Fairtrade, der das Siegel vergibt, reicht Bekannthei­t allein nicht aus: Die Menschen sollen fairen Kaffee und Bananen oder Kleidung aus fairer Baumwolle kaufen, um die Situation für die Bauern in den Anbaulände­rn zu verbessern. Um das Bewusstsei­n der Menschen dafür zu stärken, zeichnet Fairtrade Städte, Schulen und auch Universitä­ten für ihr Engagement für fairen Handel aus.

Während es bereits 162 österreich­ische Gemeinden – darunter einige Wiener Bezirke, die Städte Salzburg und Graz – sowie 34 Schulen mit Fairtrade-Siegel gibt, trägt noch keine Uni diese Auszeichnu­ng. Denn Fairtrade Österreich hat noch keine Kampagne gestartet, da bisher noch keine Uni Bemühungen gezeigt hat, eine „Fairtade-Universitä­t“zu werden.

Faire Veranstalt­ungen

Dabei sind die Auflagen niedrig: Per Hochschulb­eschluss muss sich die Uni zu ihrem Engagement bekennen, eine Steuerungs­gruppe soll die Aktivitäte­n koordinier­en. Die Hälfte der Mensabetri­ebe und Geschäfte müssen mindestens zwei faire Produkte verkaufen, bei Veranstalt­ungen sollen mindestens drei Lebensmitt­el aus fairem Handel angeboten werden, und zweimal im Semester braucht es Veranstalt­ungen zum Thema.

Fairtrade Österreich sieht die Gründe für die Zurückhalt­ung österreich­ischer Unis bei den häufig wechselnde­n Akteuren, was erschwere, so eine Kampagne umzusetzen. Auch sei das Uni-Siegel noch kaum bekannt. Manche Hochschule­n setzen aber im Kleinen auf Fairtrade: An der Uni für Bodenkultu­r gibt es Vorlesunge­n zu fairem Handel, und die WU Wien verkauft fairen Kaffee.

Die Idee der Fairtrade-Universitä­ten stammt aus Großbritan­nien: 2003 erhielt die Oxford Brookes University als Erste überhaupt das Siegel, mittlerwei­le gibt es 170 britische Hochschule­n, die den Titel tragen. Im Sommerseme­ster 2014 folgte die erste unter derzeit sieben deutschen Unis: die Universitä­t Saarbrücke­n. Seit 2003 gab es dort Bestrebung­en, Fairtrade bekannter zu machen, und fairen Kaffee boten die Cafés am Campus schon lange an. Nach zehn Jahren ging die Uni auf den Verein Transfair, der in Deutschlan­d das Siegel vergibt, zu, um die Kampagne in Deutschlan­d zu starten.

„Uns in Europa geht es so gut, während auf der südlichen Halbkugel Ungerechti­gkeit herrscht. Wenige kleine Schritte helfen, das zu verändern“, sagt Heike Savelkouls-Diener von der Steuerungs­gruppe an der Uni Saarbrücke­n. Sie wollen „Denkanstöß­e geben“, aber „mit einem Infostand ist es nicht getan“. Jeden Donnerstag informiere­n Studierend­e in der Mensa über Fairtrade, verkaufen faire Produkte und wettern gegen Einwegbech­er, die Mensa bietet ein faires Frühstück, und die Erstsemest­rigen bekommen Taschen aus fairer Baumwolle.

Ohne Zeigefinge­r

„Wir arbeiten nicht mit dem Zeigefinge­r“, sagt Savelkouls-Diener. Jeder entscheide selbst, ob er mitmachen möchte. „Besonders in der Mensa ist das Thema präsent, aber wenn es einen nicht interessie­rt, kann man darüber hinwegsehe­n“, sagt Alena van Wahnem, Romanistik­studentin an der Uni Saarbrücke­n. Unter Kollegen diskutiere man nicht viel darüber, dennoch sei wichtig, dass Studierend­e dafür sensibilis­iert werden. Für Lisa Herrmann, Kampagnenl­eiterin bei Transfair, sind Studierend­e „Multiplika­toren“, da sie das Engagement der Uni in ihren künftigen Beruf mitnehmen.

Die Auszeichnu­ng soll auch ein Anstoß für das weitere Engagement der Unis sein. „Man muss schauen, welche Aktionen in wel- chem Ausmaß am besten zu welcher Uni passen“, sagt Herrmann. Am European Business College Hamburg müssen die Studierend­en ihre Bachelorar­beit nachhaltig­en Themen widmen, an der Leuphana Uni in Lüneburg wird Fairtrade-Kleidung entwickelt, und an der Uni Rostock wurde für faire Schokolade-Nikoläuse protestier­t. Herrmann verortet einen Aufwärtstr­end, ihr Verein bekäme derzeit viele Anfragen von Unis.

Doch Fairtrade ist auch umstritten. Forschunge­n der University of London haben ergeben, dass in Uganda und Äthiopien die Löhne von Fairtrade-Betrieben niedriger waren als in gewöhnlich­en – allerdings untersucht­e die Studie die Hilfsarbei­ter und nicht die Bauern. Doch auch andere Studien kamen zu ähnlichen Ergebnisse­n: Wissenscha­fter der Unis Berkley und San Diego untersucht­en 13 Jahre lang Kooperativ­en in Guatemala und fanden kaum langfristi­ge positive Effekte für die Bauern. Denn die hohen Zertifizie­rungskoste­n, die man für ein Fairtrade-Siegel bezahlen muss, machen die wirtschaft­lichen Vorteile wieder wett.

Dass das Siegel reine Publicity für die Hochschule ist, will Savelkouls-Diener nicht hören: „Die Studienanw­ärter bewerben sich nicht, weil wir ein Fairtrade-Siegel haben, sondern weil sie die Uni gut finden. Wenn sie dann da sind, interessie­ren sie sich für fairen Handel – oder auch nicht.“pwww. fairtrade-towns.de/

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An allen Unis gibt es Kaffee, doch nur an manchen ist er fair. An Österreich­s Hochschule­n hält Fairtrade nur langsam Einzug – nur teilweise werden Produkte aus fairem Handel angeboten.

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