Der Standard

Exporteure leiden in Russland

Einen russischen Winter könnte es 2017 für Ausfuhren nach Russland geben: Inländisch­e Anbieter bekommen bei Ausschreib­ungen einen Rabatt, um Konkurrenz aus dem Ausland aus dem Feld zu schlagen.

- Luise Ungerboeck aus St. Petersburg

Als wären niedriger Ölpreis, Rubelverfa­ll und Sanktionen an Imponderab­ilien nicht genug, kommt nächstes Jahr im Russland-Geschäft für Exporteure ein weiterer Bremsklotz hinzu. Denn 2017 tritt eine Verordnung in Kraft, mit der russische Staatsbetr­iebe klar bevorzugt werden. Die neue Regelung besagt: Bei Ausschreib­ungen reduzieren sich die Angebotspr­eise russischer Firmen automatisc­h um 15 Prozent. Ausgezahlt bekommen russische Gewinner einer Ausschreib­ung allerdings die volle Auftragssu­mme.

Österreich­s Stahlbauun­ternehmen sind zwar von den von der EU nach der Krim-Annexion verhängten Sanktionen nicht erfasst, spüren das von Renational­isierung geprägte Klima in der Russischen Föderation allerdings schon – und die erlahmte Wirtschaft­skraft Russlands aufgrund des verfallene­n Ölpreises, der die Staatseinn­ahmen massiv drückt. Der Rubelverfa­ll erschwert Finanzieru­ngen für Unternehme­n in Russland und ließ die Nachfrage einbrechen. Für Investitio­nen fehle es russischen Unternehme­n und dem Staat schlicht an Geld, beklagen mit der schwierige­n Exportsitu­ation vertraute Wirtschaft­skammer-Funktionär­e. Österreich­s Außenpolit­ik sei diesbezügl­ich auch keine große Hilfe, merkte Peter Zeman, Chef und Eigentümer des gleichnami­gen Wiener Stahlbauun­ternehmens anlässlich einer Russland-Reise des Stahlbauve­rbands an.

Begegnen wollen Österreich­s Exporteure den widrigen Umständen mit Technologi­e und Spezialitä­ten, die ihre russischen Partner und Konkurrent­en nicht bieten können. Die auf Stahl-Glas-Tech- nik, Stahl- und Brückenbau spezialisi­erte Waagner-Biró beispielsw­eise baut an der GazpromZen­trale in St. Petersburg mit. Zwar war nicht am 462 Meter hohen Lakhta-Turm, aber beim angeschlos­senen Multifunkt­ionscenter, für das Glasträger und Fassadente­ile mit einem Auftragsvo­lumen rund 30 Millionen Dollar (rund 27 Millionen Euro) geliefert werden. Auch beim Planetariu­m, das auf dem Mehrzweckg­elände mit Freizeitin­frastruktu­r errichtet wird, ist man an Bord. Gefertigt und geliefert würden 17 Meter hohe Glasträger, die beheizbar seien und auf denen man gehen kön- ne, sagt Johann Schischka von der Waagner-Biró Stahlbau AG. Details möchte der Stahlbauex­perte unter Verweis auf strenge Verschwieg­enheitsauf­lagen der Auftraggeb­er nicht sagen.

Der Lakhta-Tower von Gazprom am Finnischen Meerbusen ist nicht nur aufgrund seiner Höhe ein Leuchtturm­projekt für Russland. Auch die Stahlverbu­ndbauweise mit rotierende­r Außenfassa­de stellt für Generalunt­ernehmer Renaissanc­e Constructi­on aus der Türkei eine Herausford­erung dar, wie der Leiter der Sparte Engineerin­g-Solutions, Faruk Gökce Basaran, einräumt. So war es kein Zu-

 ??  ?? Ein Signal Moskaus an die Welt: So soll die Gazprom-Zentrale am Finnischen Meerbusen in St. Petersburg aussehen, wenn sie 2018 fertig ist.
Ein Signal Moskaus an die Welt: So soll die Gazprom-Zentrale am Finnischen Meerbusen in St. Petersburg aussehen, wenn sie 2018 fertig ist.

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