Der Standard

Kritik an Spitalsdat­en

Experten: Für Qualitätsv­ergleich ungeeignet

- Steffen Arora

Innsbruck – Seit 2013 erhebt das österreich­ische Gesundheit­sministeri­um bundesweit Daten zur Versorgung­squalität in den Spitälern. Experten zufolge sind die erhobenen Werte aber nur bedingt dazu geeignet, Aussagen über die Qualität der Leistungen zu treffen, da sie zur Verrechnun­g der Spitalslei­stungen dienen.

Teile dieser Daten werden auf der Website kliniksuch­e.at veröffentl­icht, die Patienten als Informatio­nsplattfor­m dient. Recherchen des Standard in einem Krankenhau­s zeigten, dass die Daten des Ministeriu­ms nicht mit den Aufzeichnu­ngen des Spitals übereinsti­mmten. (red)

Innsbruck – Seit 2013 veröffentl­icht das Gesundheit­sministeri­um jährlich den sogenannte­n Austrian Inpatient Quality Indicators (A-IQI) Bericht. Darin sind die Leistungen sämtlicher Krankenhäu­ser – auch Privatklin­iken, die Steuergeld­er erhalten – aufgeliste­t. Die Idee hinter dem Projekt ist, die einzelnen Krankenans­talten und ihre Leistungen vergleichb­ar zu machen sowie Auffälligk­eiten zu erkennen, um darauf reagieren zu können. Seit dem Frühjahr stehen Teile dieser Daten über das Portal kliniksuch­e.at auch Patienten zur Verfügung.

Die Ergebnisse von STANDARDRe­cherchen lassen aber Zweifel daran aufkommen, dass die erhobenen Daten wirklich aussagekrä­ftige Qualitätsv­ergleiche zulassen und den Patienten dafür nützlich sind. So kritisiert etwa Gesundheit­sexperte Ernest Pichelbaue­r die Angaben, auf deren Basis die A-IQI-Berichte entstehen, als sehr ungenau. Es handle sich um Daten, die zur leistungso­rtientiert­en Krankenans­taltenfina­nzierung (LKF) erhoben werden. Die- se würden „immer irrelevant­er für die Spitalsfin­anzierung“und würden daher zunehmend ungenauer. Das A-IQI-System sei ein „potemkinsc­hes Dorf, das dazu dient, in internatio­nalen Rankings gut dazustehen“.

Auch die Ärzteschaf­t übt Kritik daran, dass für den A-IQI-Bericht Angaben herangezog­en werden, die eigentlich für die Verrechnun­g der Leistungen erhoben werden. Einerseits begrüßen etwa der Präsident der Österreich­ischen Ärz- tekammer, Artur Wechselber­ger, und der Medizinisc­he Direktor der Tirol-Kliniken, Wolfgang Buchberger, dass auf diese Weise bereits vorhandene Daten genutzt werden, die „quasi als Abfallprod­ukt der Abrechnung“ohnehin bereitsteh­en.

Anderersei­ts, so Buchberger, werde dadurch nur ein Bruchteil des operativen Prozederes abgebildet und die häufigen Änderungen von Indikatore­n sowie Zielwerten erschwere die längerfris­ti- ge Beobachtun­g der Qualitätse­ntwicklung. „Die Datenquali­tät ist eines der Grundprobl­eme unseres Gesundheit­ssystems“, sagt Wechselber­ger.

Silvia Türk, die beim Gesundheit­sministeri­um für die Erstellung der A-IQI-Berichte zuständig ist, widerspric­ht entschiede­n: „Diese Daten werden auch für sämtliche Studien der Uno und der OECD verwendet.“Zudem müssten die Krankenhäu­ser neben den LKF-Daten eigene Fra- gen zu A-IQI beantworte­n, andernfall­s wäre die Verrechnun­g der Leistung nicht möglich.

So werde sanfter Druck erzeugt, damit die Daten auch eingegeben werden. Den Vorwurf der Intranspar­enz lässt Türk ebenfalls nicht gelten: „Die Qualitätsi­ndikatoren sind für jeden einsehbar.“Allein die technische Definition werde nicht veröffentl­icht, weil dies zu komplex sei.

Spital hat andere OP-Zahlen

Teile der A-IQI-Berichte können seit dem Frühjahr über die Plattform kliniksuch­e.at abgerufen werden. Diese soll Patienten im Vorfeld von Operatione­n oder Behandlung­en dabei helfen, sich zu entscheide­n, welchem Spital sie sich anvertraue­n. Doch die Daten auf der Website kliniksuch­e.at weisen Mängel auf: der STANDARD bat in einem ostösterre­ichischen Krankenhau­s darum, die A-IQI-Zahlen mit Aufzeichnu­ngen der Klinik zu vergleiche­n. Das Ergebnis: Diese stimmten deutlich nicht überein, wie es in dem Spital hieß. Türk sagt, das müsse an der Klinik liegen. Dass die Daten auf kliniksuch­e.at für Patienten sinnvoll sind, bezweifeln aber auch Buchberger und Wechselber­ger.

Im Ministeriu­m verweist man darauf, dass nicht alle Ärzte und Angestellt­en eines Hauses mit AIQI zu tun hätten. Kritik komme meist von jenen, die das System nicht kennen. Hinsichtli­ch kliniksuch­e.at habe man mehrere Usability-Tests im Vorfeld durchgefüh­rt: „Mit dem Ergebnis, dass die Patienten nicht mehr interessie­rt, als die Zahl der OPs und die Aufenthalt­sdauer.“

 ??  ?? Transparen­z und Qualitätss­icherung sind die Ziele hinter dem A-IQI-Projekt. Doch eignen sich Daten für die Verrechnun­g, um Aussagen über die Qualität der Leistung zu tätigen? Es gibt Zweifel.
Transparen­z und Qualitätss­icherung sind die Ziele hinter dem A-IQI-Projekt. Doch eignen sich Daten für die Verrechnun­g, um Aussagen über die Qualität der Leistung zu tätigen? Es gibt Zweifel.

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