Notverordnung: Kern kann Zeitpunkt für Inkrafttreten bestimmen
Kanzler bestimmt, wann Notverordnung in Kraft tritt
Wien – Wann die umstrittene Asylnotverordnung in Kraft tritt, wird letztlich in der Hand von Christian Kern (SPÖ) liegen. Dem Kanzler wird, wie der STANDARD erfuhr, die Aufgabe obliegen, die Regelung kundzumachen, nachdem sie im Ministerrat sowie im Hauptausschuss des Nationalrats beschlossen worden ist. Die Verordnung kann erst nach der Verlautbarung in Kraft treten.
Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte, dass man den Flüchtlingsstrom nicht eindämmen werde, wenn die Rettung im Mittelmeer weiter mit einem „Ticket nach Mitteleuropa“verbunden sei. Rückschiebungen in sein Land erteilte Libyens Außenminister Mohammed Taher Siala bei einer Pressekonferenz mit Kurz in Wien eine Absage. (red)
Wien – Die umstrittene Asylnotverordnung werde heuer, wenn überhaupt, so nur zu Jahresende für ein paar Tage in Kraft treten. Denn erst zu diesem Zeitpunkt werde die selbstgesetzte Obergrenze von heuer 37.500 Asylanträgen vielleicht überschritten werden: Mit dieser Aussage erntete Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) unter Asylexperten am Donnerstag Verwunderung.
So etwa beim Anwalt Georg Bürstmayr: In Paragraf zwei der geplanten Regelung – aufgrund deren wegen einer „Gefährdung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit“ein Großteil der Flüchtlinge an den österreichischen Grenzen zurückgewiesen werden soll – sei schwarz auf weiß zu lesen, dass die Sonderbestimmung „mit Ablauf des Tages der Kundmachung“in Kraft sowie „nach Ablauf von sechs Monaten“außer Kraft treten werde, zitiert er im Standard- Gespräch aus dem Verordnungstext.
Wolle Sobotka also die Geltung der Verordnung auf nur wenige Tage beschränken, so müsse er den Text umformulieren, ergänzt eine juristische Mitarbeiterin im grünen Parlamentsklub.
Rechtlich ausgeschlossen ist das nicht: In Paragraf 36 des Asylgesetzes, wo die Asylnotverordnung gesetzlich verankert ist, ist eine „Gültigkeitsdauer von bis zu sechs Monaten“definiert. Sowie eine Verlängerung „höchstens drei Mal um jeweils bis zu sechs Monate“– was auf eine Gesamtwirkungsdauer von insgesamt bis zu zwei Jahren hinausläuft.
Nach dem Ende der Begutachtungsfrist werden die insgesamt 57 Stellungnahmen im Innenministerium in den letztgültigen Asylnotverordnungstext eingearbeitet – obwohl es sich um eine „Verordnung der Bundesregierung“handelt. Die Regierung soll die Regelung anschließend im Ministerrat beschließen, was Einigkeit zwischen ÖVP und SPÖ voraussetzt. Danach muss noch der Hauptausschuss des Nationalrats zustimmen.
Erst ab Kundmachung gültig
Das allerletzte Wort hat dann aber Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), der sich zuletzt recht kritisch zur Asylnotverordnung geäußert hat. Grund dafür: Die Regelung tritt erst „mit Ablauf des Tages der Kundmachung“in Kraft – und als Bundeskanzler obliegt Kern die Aufgabe, das Gesetz über derlei Verlautbarungen zu vollziehen. Üblicherweise dauert es rund eine Woche bis zur Kundmachung einer Verordnung im Bundesgesetzblatt. Vorgeschriebene Fristen gibt es aber nicht.
Kritik am Ablauf des Begutachtungsverfahrens kommt von Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun. Der Beschluss, eine Begutachtung durchzuführen, sei im Nationalrat gefallen, auch müsse dessen Hauptausschuss der Verordnung zustimmen: „Es ist daher unverständlich, warum die Begutachtungsstellungnahmen nur auf der Homepage des Innenministeriums veröffentlicht wurden“, meint sie. Die Asylnotverordnung, so Korun, werde mit drohendem Zusammenbruch aller möglichen Systeme – Grundversorgung, Gesundheitswesen, Arbeitsmarkt, Bildung usw. – argumentiert: „Eine so umfassende Materie ist Sache des Parlaments.“