Der Standard

Kern verteidigt seinen Kurs: „Das ist kein Kinderfasc­hing“

Kanzler sieht Verbesseru­ngen, Grüne und FPÖ wollen Unterzeich­nung von Ceta verhindern, Umweltschu­tzorganisa­tionen kritisiere­n „Affront“

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Die Presseauss­endung des grünen EU-Abgeordnet­en Michel Reimon war kurz gehalten. Die Überschrif­t lautete „Was der Beipackzet­tel an Ceta ändert:“– darunter folgte nichts. Die Grünen werden im Parlament in Wien den Ständigen Unteraussc­huss in Angelegenh­eiten der Europäisch­en Union einberufen. Ziel sei es, die Ablehnung von Ceta sicherzust­ellen, erklärte Parteichef­in Eva Glawischni­g. Sie sprach von einer „weiteren massiven Erschütter­ung der politische­n Glaubwürdi­gkeit“und „Betrug an der Öffentlich­keit“.

Von der FPÖ gab es gleich mehrere Aussendung­en zu diesem Thema, sie trugen Titel wie „SPÖ fällt im Liegen um“oder „Kanzler Kern hat in Sachen Ceta in Brüs- sel gar nichts erreicht“. Tenor: Die Sorgen der Österreich­er seien Kanzler Christian Kern egal. Die FPÖ tritt weiterhin für eine Volksabsti­mmung ein. Auch der freiheitli­che Präsidents­chaftskand­idat Norbert Hofer meldete sich zu Wort, er würde das Vertragswe­rk weder als Mitglied des Kollegiums der drei Nationalra­tspräsiden­ten in Vertretung des Bundespräs­identen noch als gewählter Bundespräs­ident unterzeich­nen. Sepp Schellhorn, Wirtschaft­ssprecher der Neos, freute sich darüber, dass der Kanzler „nun endlich auf den Pfad der vermeintli­chen Vernunft zurückgeke­hrt“sei.

Christian Kern selbst erklärte am Donnerstag, dass er die Zusatzerkl­ärung zum Handelsabk­ommen mit Kanada „jetzt nüchtern analysiere­n“wolle. Das Papier umfasse zwar nur vier Seiten, entscheide­nd sei aber das Zusammensp­iel mit dem Vertrag, denn dort seien viele Dinge zu unklar formuliert. Im Bundesrat verteidigt­e Kern seinen Kurs: Er habe versucht, das Bestmöglic­he aus der Situation zu machen. Man müsse sich überlegen, „was für ein Druck auf Österreich laste, wenn wir dagegen sind“, sagte Kern. „Das ist kein Kinderfasc­hing“, es gehe um globale Interessen. Er erinnerte daran, dass in puncto Ceta bis vor wenigen Monaten keine Abstimmung­en in den nationalen Parlamente­n geplant waren. Der nun ausverhand­elte Zusatztext sei jedenfalls nicht als Vorwort zu verstehen, sondern eine bindende Erklärung.

Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er zeigte sich mit dem Ergebnis zufrieden, Behauptung­en, wonach Standards aufgeweich­t würden, seien nun „eindeutig widerlegt“.

Der Umweltorga­nisation Greenpeace sieht ihre Befürchtun­gen bestätigt: „Wir sind fassungslo­s über die Substanzlo­sigkeit der Erklärung. Diese Deklaratio­n ist ein Affront gegenüber allen Menschen, die berechtigt­e Bedenken gegen Ceta haben.“Die Giftzähne konnten nicht gezogen werden, die Regierung müsse substanzie­lle Nachbesser­ungen erwirken. Global 2000 bezeichnet­e die Zusatzerkl­ärungen als „reine Interpreta­tionshilfe“, sie würden an der Problemati­k der Wirksamkei­t der jeweiligen CetaKapite­l absolut nichts ändern. (völ)

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