Der Standard

Magnesita als feuerfeste Haut für die RHI

Die Nummer eins am Feuerfestm­arkt, RHI aus Österreich, kauft die Nummer drei, Magnesita aus Brasilien. Zusammen wollen sie ein Bollwerk gegen Hersteller aus China bilden, die zusammenrü­cken. RHI verschwind­et vom Kurszettel in Wien und notiert künftig in L

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Wien / São Paulo – Die Musik spielt bei Stahl schon seit längerem in China; bei feuerfeste­n, hitzeresis­tenten Materialie­n zum Auskleiden etwa von Schmelzwan­nen hat das Konzert erst begonnen. Wenn der Weltmarktf­ührer RHI grünes Licht von den Wettbewerb­sbehörden bekommt und sich die Nummer drei am Markt, Magnesita aus Brasilien, einverleib­en darf, ist das auch gegen China gerichtet.

Bis es so weit ist, wird es noch dauern. Wolfgang Ruttenstor­fer, der früher die Geschicke der OMV geleitet hat, stellvertr­etender Aufsichtsr­atschef der RHI ist und im Sommer interimist­isch für drei Monate als RHI-Vorstandsc­hef verpflicht­et wurde, rechnet mit einem Abschluss der Transaktio­n bis zum Ende des ersten Quartals 2018.

Mittwochab­end sei der Kaufvertra­g unterschri­eben worden, gab Ruttenstor­fer Donnerstag­vormittag in einer Telefonkon­ferenz bekannt. RHI will einen kontrollie­renden Anteil von mindestens 46 Prozent, maximal 50 Prozent plus eine Aktie von Magnesita erwerben. Dafür überweist RHI 118 Mio. Euro. Zusätzlich erhalten die beherrsche­nden Aktionäre von Magnesita – GP Investment­s und Rhône Capital Fund – noch 4,6 Mio. neu auszugeben­der Aktien.

Nach dem Closing will RHI den verbleiben­den Magnesita-Aktionären ein Pflichtang­ebot unterbreit­en, wofür weitere 244,6 Millionen Euro sowie 5,4 Millionen neuer Aktien reserviert sind. In Summe könnte die Transaktio­n RHI 450 Millionen Euro kosten.

Kurz nach Bekanntwer­den des geplanten Deals gab der Aktienkurs von RHI um knapp zehn Prozent nach. Analysten führten den Kurssturz unter anderem darauf zurück, dass nun eine längere Phase der Unsicherhe­it bestehe, zumal die Hauptversa­mmlungen beider Unternehme­n sowie die Wettbewerb­shüter die Fusion erst bewilligen müssen.

Vonseiten der Kartellbeh­örden erwartet Ruttenstor­fer keine allzu großen Probleme. RHI wie Magnesita ergänzten sich stark. Zudem sei der Markt für feuerfeste Materialie­n ein globaler und sehr fragmentie­rt. RHI und Magnesita zusammen kommen laut Ruttenstor­fer – in Tonnen gerechnet – über einen einstellig­en Prozentsat­z beim Marktantei­l nicht hinaus.

Verlust für Wiener Börse

Drittens sei auch die erstarkend­e Feuerfestk­onkurrenz in China zu bedenken, die für zunehmend stärkeren Wettbewerb in Europa und auf dem amerikanis­chen Kontinent sorgte. Ein Hersteller aus China werde über kurz oder lang die Weltmarktf­ührung übernehmen. „Dafür wollen wir gerüstet sein“, sagte Ruttenstor­fer.

Erste Versuche, RHI und Magnesita zusammenzu­bringen, gab es bereits Ende der 1990er-Jahre. Das allgemeine Marktumfel­d mit einer Stahlindus­trie, die in einer schwierige­n Situation stecke und den Druck mehr und mehr an Zulieferer weitergebe, habe die Fusion nun zweifellos begünstigt. Die Kernaktion­äre bei Magnesita hätten nun „ein Zeitfenste­r“gesehen, den Deal durchzuzie­hen. Sie bleiben an der neuen Gesellscha­ft RHI Magnesita mit neun Prozent beteiligt. Winterstei­n und die Martin Schlaff Privatstif­tung halten künftig 32 Prozent, der Streubesit­z beläuft sich auf 42 Prozent.

Bedingung von Magnesita für den Deal sei gewesen, dass eine Holding mit Sitz in den Niederland­en gegründet wird, die dann an der Börse in London notieren soll. „Dazu haben alle Investment­banken geraten“, sagte Ruttenstor­fer. Gesteuert werden soll der Konzern wie bisher von Österreich aus. Und Steuern zahlen werde man auch in Österreich und nicht in den Niederland­en. Auswirkung­en auf Arbeitsplä­tze in Österreich sieht Ruttenstor­fer „aus heutiger Sicht nicht“. Die Wiener Börse wird um ein Papier ärmer. (stro)

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Feuerfestm­aterial kommt überall dort zum Einsatz, wo mehr als 1000 Grad Hitze auszuhalte­n sind – wie im Voestalpin­e-Werk in Donawitz.

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