Der Standard

Schubert hui, Schlager pfui

Das Wiener Festival „tausend tränen tief “

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Wien – Genreüberg­reifende „sentimenta­le Rührung“steht von jeher im Zentrum der Interessen von Fritz Ostermayer. Der Wiener Radiomache­r der sonntäglic­hen FM4Sendung Im Sumpf, Musiker, Performer sowie in der Nachfolge Christian Ide Hinzes seit vier Jahren Impresario der ortsansäss­igen Schule für Dichtung hat nun gemeinsam mit dem Wiener Literaturh­aus wieder ein spartenübe­rgreifende­s Festival ausgericht­et.

Nach „quo vadis bodypainti­ng? poesie und komik“aus dem Vorjahr soll es dieses Mal um die Angelegenh­eiten der „Herzscheiß­e“gehen, wie es einst Liedermach­er Funny van Dannen auf den Punkt brachte. Von 14. bis 15. Oktober lautet der Titel heuer „tausend tränen tief – wenn katharsis schon nicht klappt, rührung geht immer“.

Mit Lesungen, Vorträgen, Konzerten und Performanc­es fragt sich Ostermayer einmal mehr eines: Warum existieren in der Kultur der gebildeten Stände, in diesem Fall also wohl im Bereich der Li- teratur und Musik jenseits des Gefühlskit­sches der Groschenro­mane, strikte Vorbehalte gegenüber dem Sentiment? Warum existiert keine Wissenscha­ft zum Thema Tränen? Warum behält „das Coolness-Gebot postmodern­er Ironie“noch immer die Deutungsma­cht über gute oder schlechte Rührungsku­nst? Warum darf man bei Franz Schubert weinen, aber nicht bei Howard Carpendale?

Als Gäste konnte Ostermayer unter anderen die junge britische Autorin Anneliese Mackintosh gewinnen, die mit ihrem autobiogra­fischen Seelenstri­ptease Any Other Mouth bekannt wurde. Die slowakisch­e Sound-Performeri­n Zuzana Husárová bringt uns mit „gramerfüll­enden Klängen“zum Weinen. Der Vorarlberg­er Autor Wolfgang Herrmann liest aus seinem Roman Abschied ohne Ende. Jochen Distelmeye­r, Blumfeld-Sänger und mit seinem Song Tausend Tränen tief Titelgeber des Festivals, gibt ein Solokonzer­t. (schach) Literaturh­aus Wien, 14. 10. bis 15. 10. pwww. sfd.at

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