Der Standard

Wenn die Hutkrempe glost

- Renate Graber

Nun ist die Message angekommen. Um Krisen besser als zuletzt trotzen zu können, verdonnern die Aufseher Europas Geldhäuser dazu, sich mit (immer) mehr Eigenkapit­al auszustaff­ieren – was deren Chefs, laut stirnrunze­lnd, tun. Auch in Österreich. Trugen die Manager früher die Wachstumsr­aten ihrer Häuser, die Zahl der Filialeröf­fnungen („Jeden Werktag eine neue Filiale“, so das Raiffeisen-Motto) und ihre ausländisc­hen Neuerwerbu­ngen stolz wie Feldherren vor sich her, so erlangen nun ganz andere Kennzahlen Bedeutung. Jetzt geht es um Eigenkapit­alstärkung, um sinkende Risiken, um Konsolidie­rung.

Der Raiffeisen­sektor, neben Bank Austria (BA) und Erste Group samt Sparkassen einer der wichtigen Player in Österreich­s Bankenland­schaft, setzt nun seinen ersten größeren Schritt in diese Richtung. Die Raiffeisen Zentralban­k geht mit der (börsennoti­erten) Raiffeisen Bank Internatio­nal zusammen. Das verspricht auf mittlere Sicht höhere Eigenkapit­alquoten und eine simplere Organisati­onsstruktu­r. Zudem versilbert die RBI diverse Auslandstö­chter, kurzum: Sie stärkt ihr Eigenkapit­al auch durch Schrumpfun­g. An der aufwendige­n Dreistufig­keit des Sektors (den „kleinen“Raiffeisen­kassen gehören die Landesbank­en, und die sind an der neu fusioniert­en Raiffeisen Internatio­nal beteiligt) ändert sich dadurch aber: nichts. Denn die starken Männer in den Landesbank­en denken gar nicht daran, sich wegfusioni­eren zu lassen – jedenfalls noch nicht. in Symptom, das für Österreich­s seit Jahrzehnte­n überbesetz­ten Bankenmark­t typisch ist: Man sieht zwar, dass sich die Zeiten ändern, reagiert aber am liebsten erst, wenn schon die Hutkrempe glost.

Konsolidie­rung findet statt – aber selten freiwillig. Die Gewerkscha­ftsbank Bawag fiel fast ihrer Großmannss­ucht zum Opfer, musste gerettet werden, um unter der strengen Hand von US-Hedgefonds zur aufs Massengesc­häft reduzierte­n Retailbank zu werden. Auch der Volksbanke­nsektor musste zuerst sein Spitzenins­titut (Övag) vom Staat retten lassen, bevor sich die Verantwort­lichen der vielen „kleinen“Volksbanke­n zu Fusionen verdonnern ließen. Ob das rechtzeiti­g geschehen ist, wird sich erst weisen.

Zwangskons­olidierung findet statt – auch bei der BA. Ihr hat die italienisc­he Mutter Unicredit gerade das lukrative Ostgeschäf­t abgenommen. Das einst mächtige Institut trennt sich von rund 1000 Mitarbeite­rn und ist, ausgerechn­et, auf den so schwierige­n Inlandsmar­kt zurückgewo­rfen.

Doch mag sein, dass gerade aus diesen unfreiwill­ig entstanden­en Konstellat­ionen heraus Bewegung in die Bankenland­schaft kommt. Wer sagt, dass sich, zur Freude der jetzigen US-Eigner, nicht bald ein Käufer für die schlanke Bawag findet? Wer sagt, dass die Raiffeisen-Landesfürs­ten angesichts weiter steigender Kapitalanf­orderungen nicht doch fusionswil­lig werden? Wer sagt, dass sich die Erste Group, die sich schon Ex-BA-Chef Willibald Cernko geholt hat, nicht fürs Bank-Austria-Österreich­netz erwärmen könnte?

Vielleicht muss nur zuerst eine Hutkrempe glosen.

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