Wenn die Hutkrempe glost
Nun ist die Message angekommen. Um Krisen besser als zuletzt trotzen zu können, verdonnern die Aufseher Europas Geldhäuser dazu, sich mit (immer) mehr Eigenkapital auszustaffieren – was deren Chefs, laut stirnrunzelnd, tun. Auch in Österreich. Trugen die Manager früher die Wachstumsraten ihrer Häuser, die Zahl der Filialeröffnungen („Jeden Werktag eine neue Filiale“, so das Raiffeisen-Motto) und ihre ausländischen Neuerwerbungen stolz wie Feldherren vor sich her, so erlangen nun ganz andere Kennzahlen Bedeutung. Jetzt geht es um Eigenkapitalstärkung, um sinkende Risiken, um Konsolidierung.
Der Raiffeisensektor, neben Bank Austria (BA) und Erste Group samt Sparkassen einer der wichtigen Player in Österreichs Bankenlandschaft, setzt nun seinen ersten größeren Schritt in diese Richtung. Die Raiffeisen Zentralbank geht mit der (börsennotierten) Raiffeisen Bank International zusammen. Das verspricht auf mittlere Sicht höhere Eigenkapitalquoten und eine simplere Organisationsstruktur. Zudem versilbert die RBI diverse Auslandstöchter, kurzum: Sie stärkt ihr Eigenkapital auch durch Schrumpfung. An der aufwendigen Dreistufigkeit des Sektors (den „kleinen“Raiffeisenkassen gehören die Landesbanken, und die sind an der neu fusionierten Raiffeisen International beteiligt) ändert sich dadurch aber: nichts. Denn die starken Männer in den Landesbanken denken gar nicht daran, sich wegfusionieren zu lassen – jedenfalls noch nicht. in Symptom, das für Österreichs seit Jahrzehnten überbesetzten Bankenmarkt typisch ist: Man sieht zwar, dass sich die Zeiten ändern, reagiert aber am liebsten erst, wenn schon die Hutkrempe glost.
Konsolidierung findet statt – aber selten freiwillig. Die Gewerkschaftsbank Bawag fiel fast ihrer Großmannssucht zum Opfer, musste gerettet werden, um unter der strengen Hand von US-Hedgefonds zur aufs Massengeschäft reduzierten Retailbank zu werden. Auch der Volksbankensektor musste zuerst sein Spitzeninstitut (Övag) vom Staat retten lassen, bevor sich die Verantwortlichen der vielen „kleinen“Volksbanken zu Fusionen verdonnern ließen. Ob das rechtzeitig geschehen ist, wird sich erst weisen.
Zwangskonsolidierung findet statt – auch bei der BA. Ihr hat die italienische Mutter Unicredit gerade das lukrative Ostgeschäft abgenommen. Das einst mächtige Institut trennt sich von rund 1000 Mitarbeitern und ist, ausgerechnet, auf den so schwierigen Inlandsmarkt zurückgeworfen.
Doch mag sein, dass gerade aus diesen unfreiwillig entstandenen Konstellationen heraus Bewegung in die Bankenlandschaft kommt. Wer sagt, dass sich, zur Freude der jetzigen US-Eigner, nicht bald ein Käufer für die schlanke Bawag findet? Wer sagt, dass die Raiffeisen-Landesfürsten angesichts weiter steigender Kapitalanforderungen nicht doch fusionswillig werden? Wer sagt, dass sich die Erste Group, die sich schon Ex-BA-Chef Willibald Cernko geholt hat, nicht fürs Bank-Austria-Österreichnetz erwärmen könnte?
Vielleicht muss nur zuerst eine Hutkrempe glosen.
E