Der Standard

Mobbing: Nur nicht wegschauen

OGH-Entscheidu­ng zeigt, wie Arbeitgebe­r reagieren sollen

- Kristina Silberbaue­r

Wien – Auch wenn Mobbing das Schreckges­penst für viele Arbeitgebe­r ist – vor Gericht haben Mobbingopf­er kein leichtes Spiel. Ein Arbeitgebe­r, der nicht wegschaut, sondern zu helfen versucht, ist auf der sicheren Seite.

In einer aktuellen Rechtssach­e verlangte eine Kindergärt­nerin von ihrem Arbeitgebe­r mehr als 30.000 Euro an Schmerzens­geld und die Feststellu­ng der Haftung für zukünftige Schäden – und blitzte damit in allen drei Instanzen ab.

Nach Ansicht der Klägerin gab es Diffamieru­ngen, Beschimpfu­ngen, Ausgrenzun­g, was zu einer psychische­n Belastung und einem einjährige­n Krankensta­nd führte. Dafür machte sie ihren Arbeitgebe­r verantwort­lich und verlangte von ihm beträchtli­ches Schmerzens­geld. Die Gerichte prüften aber die Details – vor allem die Frage, wie der Arbeitgebe­r auf die Beschwerde­n reagiert hat.

Völlig richtig, aus Sicht der Gerichte: Er führte mit allen Beteiligte­n umfassende Gespräche, ermöglicht­e ihnen auch ein Supervisio­nsverfahre­n. Auch eine Um- organisati­on der Gruppen nahm er vor, um keine der Kontrahent­innen „gewinnen“zu lassen. Die Klage auf Schmerzens­geld wurde vom Obersten Gerichtsho­f rechtskräf­tig abgewiesen (OGH 24.5.2016, 8 ObA 94/15d).

Unverzügli­ch, nicht voreilig

Rechtliche­r Hintergrun­d ist folgender: Der gemobbte Arbeitnehm­er hat ein Recht darauf, dass der Arbeitgebe­r aktiv wird und die erforderli­chen Mittel ergreift, um ihn vor weiteren Angriffen zu schützen. Dabei muss er unverzügli­ch (aber nicht voreilig) reagieren. Auf eine bestimmte Form des Tätigwerde­ns hat der Arbeitnehm­er keinen Anspruch, der Arbeitgebe­r ist in der Wahl der Maßnahmen gegen ein bekannt gewordenes Mobbingges­chehen frei.

Der entschiede­ne Fall gibt Anhaltspun­kte dafür, was im Fall einer Mobbingmel­dung zu geschehen hat. Im Zweifel ist juristisch­er und psychologi­scher Rat einzuholen.

KRISTINA SILBERBAUE­R ist Rechtsanwä­ltin für Arbeitsrec­ht in Wien. office@silberbaue­r.co.at

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