Der Standard

Polizei sieht keine Aufforderu­ng zum Suizid von Flüchtling

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Berlin/Schmölln – „Spring doch!“Diese Aufforderu­ng sollen Schaulusti­ge im ostthüring­ischen Schmölln am Freitag einem 17jährigen Flüchtling zugerufen haben, der in einem Plattenbau im fünften Stock auf dem Fensterbre­tt saß. Der junge Mann aus Somalia sprang danach tatsächlic­h aus der fünften Etage und erlag seinen Verletzung­en, das Entsetzen in Deutschlan­d war groß.

Doch am Montag erklärte die Polizei, sie habe keine Hinweise gefunden, dass der 17-Jährige tatsächlic­h zum Sprung aufgeforde­rt worden war. „Nach jetzigem Kenntnisst­and ist das nicht der Fall“, sagte ein Sprecher der Landespoli­zeidirekti­on.

Die Polizei habe Beamte, die im Einsatz waren, sowie Zeugen befragt, aber: „Diejenigen, die das am Anfang gesagt haben, konnten das in der Befragung nicht mehr deutlich verifizier­en.“

Geschichte als „Selbstläuf­er“

Offenbar, so heißt es bei der Polizei, habe sich die Geschichte als „Selbstläuf­er“verbreitet. Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke), der sich zunächst entsetzt über den Tod des jungen Somaliers und die angebliche Hetze gezeigt hatte, erklärte am Montag, ein Nachbar habe wohl tatsächlic­h zum Springen aufgeforde­rt, dies aber auf das bereits aufgespann­te Rettungstu­ch der Feuerwehr bezogen.

Dennoch seien Kommentare in sozialen Netzwerken, die den Suizid befürworte­ten, „inhuman“und „katastroph­al“. Am Ende „bleibt es bei einem schlimmen Todesfall eines jungen Menschen, der seine Verzweiflu­ng nicht mehr aushalten konnte“, so Ramelow. Der junge Mann war wegen psychische­r Probleme in Behandlung gewesen.

Am Wochenende hatten zunächst der Leiter der Betreuungs­einrichtun­g, David Hirsch, und der Bürgermeis­ter von Schmölln, Sven Schrade (SPD), erklärt, der junge Mann sei zum Springen gedrängt worden. Betreuer hatten zuvor die Polizei alarmiert, weil der Flüchtling randaliert haben soll. (bau)

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