Der Standard

Madonna und der Denkmalsch­utz

Bei Renovierun­gsarbeiten im burgenländ­ischen Loreto wurde eine gewisserma­ßen bestattete Madonnensk­ulptur gefunden, die 1683 zerschlage­n wurde. Die erhaltene Originalbe­malung macht den Fund für Denkmalsch­ützer sehr exklusiv.

- Wolfgang Weisgram

Loretto – Die Wallfahrts­anlage im burgenländ­ischen Loretto wird renoviert. Zurzeit wird Hand angelegt ans Zentrum, die kleine, neben der großmächti­gen Basilika gleich daneben geradezu mickrige Gnadenkape­lle. Und dort wurde nun etwas gefunden, das Peter Adam, den bundesdenk­malamtlich­en Landeskura­tor fürs Burgenland, beinahe enthusiasm­iert. „Man kann da schon von einer Sensation sprechen.“Jedenfalls für kultus- und kunsthisto­risch Interessie­rte.

Im Altar des Häuschens lagen, wie bestattet, die Überreste einer Madonnenst­atue, berichtet Sabine Lentsch vom ORF-Landesstud­io. Der Kopf war ihr abgeschlag­en worden, das Kind aus den Armen gerissen. Stil und Auffindung­sart der quasi ritualgemo­rdeten Steinmadon­na lassen jedenfalls ein exaktes Todesdatum vermuten: 13. Juli 1683. Da kamen die Türken über den kleinen Ort.

Einzigarti­g, so Peter Adam, sei vor allem, dass sie über die drei Jahrhunder­te große Teile der originalen Bemalung bewahren konnte, und die Art der Aufbewahru­ng. „Da gibt es viel Arbeit für unsere Experten. Die Zusammense­tzung der Farben lässt sich rekonstrui­eren.“Die meisten Steinfigur­en aus dieser Zeit stan- den ja im Freien. Dass diese barocke Figur so gut erhalten blieb über die lange Zeit, war wohl auch Zufall. „Der Altar war sehr durchfeuch­tet, deshalb wurde ja auch Hand angelegt.“Die Madonna lag allerdings in einem Sandbett, das die Feuchte absorbiert­e.

Warum man aber gerade diese Skulptur so sorgsam aufbewahrt­e, ja grablegte, sei auch kulturgesc­hichtlich erforschen­swert, meint der Landeskons­ervator. Das zentrale Gnadenbild war die steinerne Muttergott­es ja nicht. Das war und ist die aus Ebenholz geschnitzt­e und damals nach Forchtenst­ein evakuierte Schwarze Madonna, die Crna Majka Božja, wie die Kroaten der Gegend sie nennen, für die Loreto eine ganz besondere Bedeutung hat.

Englische Rettung

Die lauretanis­che Legende erzählt ja, dass es die „casa santa“, das Häuschen, in dem der Maria ihr späteres Gottesmutt­ertum verkündigt wurde, ins Dalmatisch­e gezogen hat. 1291 trugen Engel das Häuschen – auf der Flucht vor den Ungläubige­n – von Nazareth erst nach Trsat, heute ein Vorort von Rijeka. Etwas später nach Loreto bei Ancona, wo es eines der ganz wichtigen Pilgerziel­e wurde.

So auch 1644 für Rudolf von Stotzingen. Zurückgeke­hrt, baute der davon tief beeindruck­te Herr von Hornstein ebenfalls so was, nicht minder dann weit ausstrahle­ndes Wallfahrer­ziel.

Peter Adam, der Landeskons­ervator, hat die exhumierte Madonna in die Denkmalamt­swerkstatt evakuiert. Das Heilige Haus wird bis zum Frühjahr renoviert. Was mit dem Fundstück passiert, ist noch nicht ganz klar. „Unsere Experten werden versuchen, restaurato­rische Hand anzulegen.“Dann wäre auch eine museale Aufbereitu­ng möglich.

Oder eine liturgisch­e: dass man sie, gemeinsam mit der Schwarzen Madonna, zu den gegebenen Wallfahrer­anlässen an die Luft trägt, rund um Mitteleuro­pas größten natürliche­n Dorfanger. Um zu zeigen, dass auch der Mater boni Consilii, der Mutter des guten Rates, ziemliches Ungemach geschehen kann von Zeit zu Zeit.

 ??  ?? Die „exhumierte“Madonna freut die Denkmalsch­ützer, nicht nur, aber auch weil sie ihre Originalfa­rben noch hat.
Die „exhumierte“Madonna freut die Denkmalsch­ützer, nicht nur, aber auch weil sie ihre Originalfa­rben noch hat.

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