Täglich fällige Einlagen trotz Zinsentiefs ein Hit
Das Finanzverhalten der Haushalte in Österreich bleibt berechenbar. Es wird mehr gespart als im EU-Schnitt, Sicherheit geht noch immer vor Rendite. Trotz Minizinsen feiern täglich fällige Einlagen fröhliche Urständ.
Wien – Die Lust am Sparen ist in Österreich ungebrochen – und ausgeprägter als in vielen anderen Ländern; wie und in welcher Form überschüssiges Geld veranlagt wird, das hat sich hierzulande trotz historisch tiefer Zinsen nicht oder nur unwesentlich geändert. Eine Woche vor dem Weltspartag hat die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hierzu am Montag neueste Zahlen vorgelegt.
Die OeNB-Statistiker haben den Zeitraum 2010 bis Mitte 2016 unter die Lupe genommen und ein kaum verändertes Finanzverhalten der Privathaushalte konstatiert. Obwohl die Zinsen als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 auf ein rekordverdächtig tiefes Niveau gefallen sind, hielten die Haushalte im Wesentlichen dem Sparbuch die Treue. Zuletzt war sogar ein verstärkter Trend zu täglich fälligen Einlagen da.
So ist der Großteil der Neuveranlagung, 48 von 54 Milliarden Euro, seit Ultimo 2010 in täglich fällige Einlagen geflossen. Gleichzeitig reduzierten die Haushalte gebundene Einlagen um 23 Mrd. auf 118 Mrd. Euro. Trotz Zinssätzen nahe null geben viele Österreicher sicheren Anlagen den Vorzug gegenüber den mit einem höheren Verlustrisiko verbundenen Wertpapieren – und nehmen dafür offenbar in Kauf, dass ihr Angespartes am Jahresende weniger wert ist, weil die Inflation den Zinsertrag mehr als auffrisst.
Wenige halten Aktien
„Die Haushalte wollen in Zeiten wie diesen Geld rasch verfügbar haben – deshalb der Zug zur Liquidität; andererseits schlägt da wohl auch die nationale Risikoaversion durch“, sagte OeNB-Chefstatistiker Johannes Turner in einer Pressekonferenz. Nur ein Zehntel aller österreichischen Haushalte besitzt Anteile an Investmentfonds, verzinsliche Wertpapiere halten etwa vier Prozent, Aktien rund fünf Prozent der Haushalte. Insgesamt summierten sich die Finanzvermögen privater Haushalte auf 610 Milliarden (siehe Grafik). Nominell bedeutet das seit 2010 ein Plus von 16 Prozent; rechnet man aber die Inflation heraus (elf Prozent), schrumpft der reale Zu- wachs an Finanzvermögen fünf Prozent zusammen.
Immobilienvermögen haben demgegenüber überproportional an Wert gewonnen; sie stiegen um 31 Prozent auf 781 Milliarden Euro – getrieben hauptsächlich durch Preissteigerungen, die zwi- auf schen 2010 und Mitte 2016 höher ausfielen als auf den Kapitalmärkten. Immobilienvermögen halten Angaben der OeNB zufolge etwa die Hälfte der Österreicher. Gestiegen sind aber auch die Wohnbaukredite, und zwar um rund ein Fünftel seit 2010.
Die Sparquote ist in Österreich im europäischen Vergleich noch immer hoch, wenn auch niedriger als vor der Krise 2008/09. Lag die Sparquote, also das verfügbare Einkommen abzüglich der Konsumausgaben, im Schnitt immer knapp an der Zehn-Prozent-Marke, sind es aktuell 7,8 Prozent.
Zum Vergleich: In der Eurozone beträgt die Sparquote im Schnitt 5,6 Prozent, in den EU-28 3,7 Prozent. Mehr gespart als in Österreich wird beispielsweise in Frankreich mit einer Sparquote von 8,9 Prozent und in Deutschland (9,7 Prozent). Zum Teil deutlich darüber liegen die skandinavischen Länder.
Auch Deutsche für Sicherheit
Ausgesprochen auf Sicherheit bedacht sind aber nicht nur Österreicher. Auch 73 Prozent der Deutschen geben in einer von der Deutschen Bank in Auftrag gegebenen repräsentativen Befragung an, Sicherheit sei „der wichtigste Aspekt bei der Geldanlage“. 64 Prozent erwarten, dass ihr Erspartes durch die anhaltenden Niedrigzinsen künftig weniger wert sein wird. Fast ebenso viele gehen davon aus, dass das Zinstief noch bis zu drei Jahre anhält. (stro)