Der Standard

Frankreich lockt heimische Investoren

Frankreich setzt auf Auslandska­pital und betont daher die Vorzüge des Standorts. Tatsächlic­h sehen einige österreich­ische Betriebe Vorteile, ein Salzburger Konzern verlagert sogar Produktion­steile.

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Wien – Frankreich, nicht gerade als glänzender Industries­tandort verschrien, versucht sein Image aufzupolie­ren. Statt mit Camembert und Baguette will das Land mit Eigenschaf­ten punkten, die nicht so ganz dem Klischee der Grande Nation entspreche­n: hohe Produktivi­tät, gut geschultes Personal und beste Bedingunge­n für Forschung und Innovation. So stellte es zumindest Frankreich­s Botschafte­r Pascal Teixeira da Silva am Montag bei einer Veranstalt­ung in der Botschaft dar.

Und er geizte nicht mit Rankings und Statistike­n, mit denen die Vorteile des Standorts untermauer­t werden sollen. Darunter u. a. ein Vergleich der Arbeitszei­ten, laut dem die Franzosen mehr arbeiten als die Deutschen. Tatsächlic­h bestätigte­n österreich­ische Investoren in dem Land zu einem großen Teil die guten Bedingunge­n. Karin Exner-Wöhrer beispielsw­eise lobte Mobilität und Ausbildung der Franzosen. Zudem seien die Behördenwe­ge kürzer und einfacher, erklärte die Chefin der Salzburger Aluminium AG, die auf die Herstellun­g von Kraftstoff­tanks spezialisi­ert ist.

Vor allem Anlagengen­ehmigungen sind für Exner-Wöhrer ein Thema. Das aufwendige Prozedere habe dazu beigetrage­n, dass schon zwei Produktlin­ien von den Salzburger Standorten in Lend und Schwarzach in die Nähe von Lyon verlagert worden seien und der dritte Transfer gerade laufe. Klarerweis­e seien davon Jobs in Österreich betroffen: 30 bis 40 Stellen, sagte die Konzernche­fin.

Von Schwarzach nach Lend

Konkret bedürfe es für die Verlegung einer bestehende­n Anlage von Schwarzach nach Lend einer kompletten Betriebsan­lagen genehmigun­g, während in Frankreich innerhalb einer bestehende­n Zulassung viele Veränderun­gen vorgenomme­n werden könnten, so Exner-Wöhrer. Das werde auch bei künftigen Investitio­nsent scheidunge­n der SAG ein T he- ma sein. Ebenfalls lobende Worte für die Mitarbeite­r in Frankreich fand Ernst Lemberger, dessen Montana Holding im Luftfahrtb­ereich tätig ist. Allerdings seien Arbeitsrec­ht und Behördenwe­ge komplizier­ter als in Österreich, vor allem die Zuständigk­eit verschiede­ner Verwaltung­sebenen erschwere die Tätigkeit. Ein Grundstück­stausch der Montana sei zwölf Jahre nach Beginn des Verfahrens immer noch nicht im Kataster eingetrage­n, ein elf Jahre anhängiger Kündigungs­fall noch nicht abgeschlos­sen. Diese Nachteile würden aber von der attraktive­n Forschungs­förderung und der guten Infrastruk­tur aufgewogen, beteuerte Lemberger.

Wienerberg­er sieht das Engagement ähnlich: Infrastruk­tur, Forschungs­förderung und Mitarbeite­r seien die Pluspunkte, das Arbeitsrec­ht hingegen starr, erklärte Manager Christof Domenig. Die Anpassung der Kapazitäte­n bei Auslastung­sschwankun­gen sei eine „harte Geschichte“, die Kündigung von Mitarbeite­rn kaum möglich, solange der Betrieb Gewinne erziele. Dennoch seien alle Probleme ohne Streiks geregelt worden, sagte Domenig.

Auch der Motorenpio­nier AVL List findet, manche mit der Gewerkscha­ft zu regelnde Angelegenh­eit sei reichlich komplizier­t. Doch letztlich habe man die Probleme immer noch lösen können, so Verkaufsch­ef Helmut Carstensen. Seinen Angaben zufolge konnte der Grazer Konzern dank des Zukaufs von Le Moteur Moderne in die Produktent­wicklung der beiden großen Autobauer PSA und Renault einsteigen.

Insgesamt sind derzeit 270 österreich­ische Firmen in Frankreich tätig. Sie beschäftig­en mehr als 8500 Mitarbeite­r, führte Botschafte­r Pascal Teixeira da Silva aus. Das Handelsvol­umen liegt bei acht Milliarden Euro. (as)

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Frankreich als komplexe Beziehungs­kiste: Glücklich machen lokale Firmen motivierte Mitarbeite­r und die Forschungs­förderung. Wegen des Arbeitsrec­hts hängt der Haussegen aber manchmal schief.

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