Tom Hanks’ Synchronsprecher
Wenn Tom Hanks Deutsch spricht, steckt Thomas Nero Wolff dahinter. In anderen Ländern würden Synchronsprecher wie Stars hofiert, hier fehle Anerkennung für den Job.
Standard: Synchronsprecher Wolfgang Pampel (Harrison Ford, Anm.) hat erzählt, dass er in den 1970er-Jahren viele Pornos synchronisiert hat. Sie auch? Wolff: Das haben viele gemacht. Zu meiner Zeit waren es dann eher Softpornos oder Erotikfilme. Das ist aber relativ schnell wieder aus Berlin verschwunden und in irgendwelche kleinen Dörfer gewandert, wo einer ein kleines Studio gebaut hat und sich dann darauf spezialisiert hat. Man hat es halt mitgemacht und ein bisschen rumgestöhnt. Wir waren jung und brauchten das Geld.
Standard: Mit Arne Elsholtz ist kürzlich der langjährige Synchronsprecher von Tom Hanks gestorben. Wie schwierig ist es, diese Rolle zu übernehmen? Wolff: Für mich ist es gar nicht schwierig. Ich habe das in meinem natürlichen Timbre bereits drinnen und praktisch die gleiche Stimmlage wie Arne. Im Laufe der Zeit kamen immer wieder mal Anfragen, wenn er keine Zeit hatte, und ich war dann in fast jedem Film mit irgendeinem Satz, der später geändert wurde. Ich habe es für mich kultiviert und irgendwann gab es einfach keinen Unterschied mehr. Den jungen Arne habe ich 1:1 in meiner Kehle. Standard: Tom Hanks hatte eine sehr markante deutsche Stimme. Ein Bruch wird da sein, oder? Wolff: Nein, das merken Sie nicht. (lacht) Wenn Sie sich Inferno ansehen, werden Sie keinen Unterschied hören. Ich habe bereits im letzten Ice Age- Film das Mammut gemacht, das war vorher auch Arnes Part. Die Produzenten wollten auch hier keine andere Stimme, wenn sie etwa die gesamte DVDBox mit den jetzt schon fünf Teilen verkaufen. Einhelliger Tenor war: Ah, den Film hat er wohl noch vor seinem Tod gemacht.
Standard: Ist das für Sie eine Art Verpflichtung, weiter Tom Hanks zu synchronisieren, um den Zusehern Kontinuität zu garantieren? Wolff: Ich sage zu den Verleihern gerne: Stellt euch vor, in den USA würdet ihr plötzlich Robert De Niro synchronisieren. Welcher Aufschrei würde da durch Amerika gehen? Und hier macht man es einfach so nonchalant, weil der Redakteur meint: „Ach, die andere Stimme finde ich doch besser.“Das kann man einfach nicht machen.
Standard: Hugh Jackman und Woody Harrelson sprechen Sie seit Jahren. Was passiert, wenn die zwei im gleichen Film auftreten? Wolff: Das wäre lustig, aber ich glaube nicht, dass das jemand merken würde, weil ich beide unterschiedlich anlege. Grundsätzlich haben Verleiher Angst davor und besetzen dann eine von diesen beiden Stimmen um. Stallone und Schwarzenegger haben dieselbe Stimme und sind im gleichen Film aufgetreten. Das hat auch keiner gemerkt.
Standard: Gibt es persönlichen Kontakt zu „Ihren“Schauspielern? Wolff: Es gibt nur eine Handvoll Schauspieler, die sich für ihre Synchronstimmen interessieren. Hugh Jackman gehört zum Glück dazu. Wir haben uns zweimal getroffen. Er ist sehr sympathisch. Ein groß gewordener Junge, ein sehr neugieriger, wacher Geist. Ich finde ihn auch als Schauspieler sehr gut. Er wird mit dem Alter immer besser.
STANDARD: Ihr Kollege Benjamin Völz kritisiert, dass die Bezahlung schlecht ist und die Wertschätzung fehlt. Sie sehen das also auch so? Wolff: In anderen Ländern stehen Synchronsprecher als Stars in der Öffentlichkeit. Definitiv ist die Wertschätzung hier sehr gering und die Bezahlung auch. Früher hat man für einen Take 2,50 Euro bekommen. Inflationsbereinigt auf die letzten 40 Jahre müssten wir jetzt zwölf Euro erhalten, wir halten aber zwischen drei und vier Euro.
Standard: Schauen Sie Filme im Original oder synchronisiert? Wolff: Nur synchronisiert. Entweder haben die einen Slang drauf, oder es ist vernuschelt. Ich könnte mich sonst gar nicht in den Film reinfallen lassen, wenn ich angestrengt zuhören müsste, um alles im Englischen zu verstehen oder um den Untertiteln zu folgen.
THOMAS NERO WOLFF (54) ist deutscher Schauspieler und Synchronsprecher. Foto: privat pLangfassung: derStandard.at/Etat