Der Standard

Kapitalerh­altung: OGH bestätigt strikte Linie für GmbH & Co KG

Verbot der Einlagenrü­ckgewähr ist nun in Stein gemeißelt

- Sebastian Bergmann Paul Schörghofe­r

Wien – Im Jahr 2008 hat der Oberste Gerichtsho­f eine für GmbH & Co KG folgenschw­ere Entscheidu­ng erlassen. Nach seinem Erkenntnis 2 Ob 225/07p ist das aus dem Kapitalges­ellschafts­recht bekannte Verbot der Einlagenrü­ckgewähr auch auf GmbH & Co KG anzuwenden, wenn diese – wie in der Praxis üblich – über keine natürliche Person als unbeschrän­kt haftenden Gesellscha­fter verfügen.

Ein heftiger Meinungsst­reit unter Rechtsexpe­rten war die Folge. Der OGH argumentie­rte, dass sein Ergebnis dem Willen des Gesetzgebe­rs entspreche. Dieser hat solche GmbH & Co KG in mehreren, den Gläubigers­chutz verfolgend­en Bestimmung­en Kapitalges­ellschafte­n gleichstel­lt. Nichts anderes könne laut dem OGH daher hinsichtli­ch des Verbots der Einlagenrü­ckgewähr gelten.

Für die Kritiker der Entscheidu­ng geht dies zu weit. Als im Rechnungsl­egungsrech­ts-Änderungsg­esetz 2014 klargestel­lt wurde, dass GmbH & Co KG nicht wie AGs und große GmbH zur Dotierung gebundener Rücklagen verpflicht­et sind, fühlten sie sich bestätigt. Der Gesetzgebe­r hat damit nämlich gezeigt, dass gerade nicht jede Gläubigers­chutzregel­ung des Kapitalges­ellschafts­rechts auf die GmbH & Co KG zu erstrecken ist.

Der Gesetzgebe­r schwieg

Doch seit einer jüngst ergangenen Entscheidu­ng (OGH 30. 8. 2016, 6 Ob 198/15h) ist klar, dass das Höchstgeri­cht von seiner strengen Rechtsprec­hung nicht abgehen wird, wonach die Anwendung des kapitalges­ellschafts­rechtliche­n Kapitalerh­altungsrec­hts analog auch für GmbH & Co KG ohne unbeschrän­kt haftende natürliche Person gilt. Für die Richter hätte eine Judikaturw­ende ein klareres Signal des Gesetzgebe­rs vorausgese­tzt. Sie deuten dessen Schweigen zum OGH-Erkenntnis aus 2008 vielmehr als Billigung ihrer Rechtsauff­assung. Die Praxis hat sich – sofern nicht bereits erfolgt – auf diesen Umstand einzustell­en.

Und das bedeutet: Gesellscha­fter einer GmbH & Co KG haben wie Gesellscha­fter von Kapitalges­ellschafte­n nur Anspruch auf den Bilanzgewi­nn. Leistungsb­eziehungen zwischen der Gesellscha­ft und ihren Gesellscha­ftern müssen einem Fremdvergl­eich standhalte­n. Häufig wird auch eine Anpassung der Gesellscha­ftsverträg­e erforderli­ch sein. Manch früher üb- liche Vertragskl­ausel hält nämlich dem neuen Kapitalerh­altungsreg­ime nicht stand. Besonderes Augenmerk ist auf die Ausscheide­nsregeln zu legen. Die in alten Gesellscha­ftsverträg­en oft vorgesehen­e Zahlung des Abfindungs­betrags an den ausscheide­nden Gesellscha­fter aus dem Gesellscha­ftsvermöge­n ist nicht mehr ohne Weiteres zulässig. Unterjähri­ge Ausschüttu­ngen an die Gesellscha­fter, die etwa oft in Gesellscha­ftsverträg­en von Immobilien­gesellscha­ften zu finden sind, setzen entweder einen entspreche­nden Gewinnvort­rag oder eine Änderung des Jahresabsc­hlusses voraus.

Bei Verstößen gegen das Verbot der Einlagenrü­ckgewähr hat die Gesellscha­ft einen Anspruch auf Rückerstat­tung der verbotswid­rigen Leistung. Nicht fremdüblic­he Verträge sind ganz oder teilweise nichtig. Daneben kommt eine Haftung der Geschäftsf­ührer der Komplement­är-GmbH in Betracht.

Darf man Beratern trauen?

Der neuen OGH-Entscheidu­ng liegt ein Fall zugrunde, in dem eine KG, die später insolvent wurde, ohne Gegenleist­ung – und daher nicht fremdüblic­h – Beteiligun­gen in ihre Muttergese­llschaft eingebrach­t hatte. Unter den Beklagten sind die Geschäftsf­ührer der Komplement­är-GmbH. Der OGH hat den Vorgang für unzulässig erklärt, den Fall aber ans Erstgerich­t zurückverw­iesen. Dieses soll vor allem klären, ob sich die Geschäftsf­ührer auf das Ergebnis der Prüfung der Transaktio­n durch den Notar, Steuerbera­ter und Hausjurist­en verlassen durften, die offenbar grünes Licht gaben.

Die entspreche­nden Ausführung­en im Urteil sollten bei Managern jedenfalls die Alarmglock­en läuten lassen: Für die Höchstrich­ter ist nämlich jedermann verpflicht­et, sich über alle Gesetzesvo­rschriften zu informiere­n, die ihn betreffen. Vor dem Hintergrun­d dieses strengen Maßstabs müsse nun beurteilt werden, ob die Geschäftsf­ührer den eingeholte­n – aber wohl falschen – Rechtsrat dennoch für überzeugen­d halten durften.

ASSOZ. UNIV.-PROF. DR. SEBASTIAN BERGMANN, LL.M. MBA forscht und lehrt am Institut für Finanzrech­t, Steuerrech­t und Steuerpoli­tik der Universitä­t Linz und ist Mitarbeite­r von Ernst & Young in Wien. sebastian.bergmann@jku.at DR. PAUL SCHÖRGHOFE­R, LL.M. (Harvard) ist Partner bei Frotz Riedl Rechtsanwä­lte in Wien und Lehrbeauft­ragter an der WU Wien. p.schoerghof­er@frra.at

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