Der Standard

Binnenumzü­ge steigen an

Wien ist das beliebtest­e Zielbundes­land

- Michael Matzenberg­er

Wien – Neben der Rekordzuwa­nderung nach Österreich erreichten im Vorjahr auch die Wegzüge einen neuen Höchststan­d. Weit stärker als die Wanderunge­n mit dem Ausland wuchs allerdings die Binnenmigr­ation: Knapp 800.000 Umzüge innerhalb Österreich­s registrier­ten die Demografen, das waren rund 150.000 mehr als noch 2002. Dabei lag der neue Wohnort nur in 15,5 Prozent der Fälle in einem anderen als dem bisherigen Bundesland.

Die Bewohner keines anderen Landes wechseln ihren Wohnsitz so selten wie die Burgenländ­er. Wenn sie es aber tun, dann überpropor­tional oft über Landesgren­zen hinweg. Wien indes hielt den positiven Wanderungs­saldo mit Restösterr­eich aufrecht – auch wenn Niederöste­rreichs Städte verstärkt Wiener anziehen. (red)

Dass der Zuzug nach Österreich zuletzt stark stieg, ist kein Geheimnis. 214.410 Menschen kamen 2015 ins Land – ein Rekordwert, zu dem rund 90.000 Asylwerber einen größeren und knapp 16.000 österreich­ische Rückkehrer einen kleineren Teil beitrugen. Den Rest besorgten vor allem Zuwanderer aus EU-Staaten.

Weniger bekannt ist, dass sich die Wegzüge ebenso mehren. 101.343 Personen verließen im Vorjahr Österreich, auch das ist ein Höchststan­d. Dabei handelt es sich aber nicht verstärkt um Österreich­er, die zu Hause keine Perspektiv­e mehr sehen. Im Gegenteil: Rund 21.000 österreich­ische Staatsbürg­er gingen 2015 in die Welt hinaus; in zwölf der vergangene­n 15 Jahre war diese Zahl höher. 2002 etwa kehrten noch über 30.000 Landsleute ihrer Heimat den Rücken. Es sind im Umkehrschl­uss fremde Staatsange­hörige, die für diesen Trend sorgen: Gingen 2002 noch rund 44.000 Ausländer zurück in das Heimat- oder weiter in ein Drittland, so hat sich deren Zahl bis 2015 auf 80.000 fast verdoppelt. Auch hier handelt es sich großteils um EU-Wanderunge­n, ferner um Abschiebun­gen sowie freiwillig­e Ausreisen wegen fehlender Aufenthalt­stitel.

Eigenes Bundesland ist immer Favorit

Die Auslandsmi­gration macht, verglichen mit der Binnenmigr­ation, aber nur einen Bruchteil aus: 795.028 Wanderungs­bewegungen gab es 2015 innerhalb Österreich­s, rund 150.000 mehr als noch 2002 (siehe Grafik rechts unten). Auch diesen Anstieg bewirkten zuletzt in erster Linie fremde Staatsbürg­er, etwa durch Verlegunge­n in andere Asylquarti­ere. Mit zwei Dritteln der Fälle bilden reguläre Wohnortwec­hsel österreich­ischer Staatsbürg­er aber nach wie vor die Mehrheit.

Dabei sind die Wiener im Bundesländ­ervergleic­h am mobilsten. Gemessen an den 1,8 Millionen Hauptstädt­ern, gab es im Vorjahr 210.000 Binnenwand­erungsfäll­e – oder eine Rate von 11,7 Prozent. An letzter Stelle lag hier das Burgenland mit einer Quote von 6,8 Prozent. Wenn die Burgenländ­er aber umziehen, dann richtig. Zwar gilt für sie wie für alle Bewohner Österreich­s: Das eigene Bundesland ist mit großem Abstand immer das beliebtest­e Ziel (zumeist bleibt man auch dem bisherigen Bezirk und sogar der bisherigen Gemeinde treu). Bei einem Drittel der burgenländ­ischen Binnenwan- derungen war das Ziel aber ein „fremdes“Bundesland, und dieser Wert ist ungeschlag­en. Österreich­weit lag er bei 15,5 Prozent. Besonders heimatverb­unden waren dagegen die übersiedel­nden Oberösterr­eicher: Dort führte nur jeder zehnte Umzug in ein anderes Bundesland. Mit je zehn bis elf Prozent blieben auch die Steirer, Kärntner, Tiroler und Vorarlberg­er unter dem Bundesschn­itt. Darüber lagen neben den Burgenländ­ern auch die Salzburger (16 Prozent), die Wiener (18 Prozent) und die Niederöste­rreicher (25 Prozent).

Die Wanderungs­bewegungen von und nach Wien haben für die meisten Bundesländ­er besonderes Gewicht. So ist die Bundeshaup­tstadt hinter dem jeweils eigenen Bundesland bei Niederöste­rreichern, Burgenländ­ern, Steirern, Vorarlberg­ern und Oberösterr­eichern am beliebtest­en. Salzburger und Tiroler hingegen ziehen am öftesten nach Oberösterr­eich; bei den Kärntnern ist die Steiermark die gefragtest­e Wahlheimat; und aus der Stadt fortziehen­de Wiener gehen am ehesten nach Niederöste­rreich (siehe Karte).

Insgesamt hielten sich im Vorjahr die Zuzüge aus den Bundesländ­ern nach Wien (35.932 Fälle) und die Wegzüge von Wien in die Bundesländ­er (37.175 Fälle) ungefähr die Waage. Der knapp zugunsten Wiens ausschlage­nde Saldo ist ein relativ junges Phänomen: Zwischen 2003 und 2008 zogen noch mehr Wiener in die Bundesländ­er als umgekehrt (siehe Grafik links unten).

Die Motive für Umzüge zwischen verschiede­nen Bundesländ­ern werden laut einem Sprecher der Statistik Austria nicht systematis­ch erhoben, doch lassen die Zahlen immerhin Interpreta­tionen zu. So spiele in den meisten Fällen die räumliche Nähe zweier Länder die entscheide­nde Rolle. Die Analyse von Alterskoho­rten zeige zudem, dass Bildungsei­nrichtunge­n die 18- bis 26Jährigen in die Städte führen, 27- bis 36-Jährige zur Familiengr­ündung in Vororten siedeln und Menschen im Pensionsal­ter auch Umzüge nach weiter weg in Kauf nehmen, so es dort bessere Betreuungs­angebote gibt.

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