Razzia bei Salafisten
In zehn deutschen Ländern ging die Polizei am Mittwoch gegen die radikalsalafistische Vereinigung „Die wahre Religion“vor, diese wurde verboten. Der Innenminister erklärt, die Gruppierung habe beim Koranverteilen Hassbotschaften verbreitet.
Die deutsche Polizei ging in zehn Bundesländern gegen die radikalsalafistische Vereinigung „Die wahre Religion“vor.
Berlin/Wien – Es ging bald in der Früh los. Um 6 Uhr 30 startete die deutsche Polizei am Dienstagmorgen eine Großrazzia gegen mutmaßliche Unterstützer der islamistischen Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS). Hunderte Polizisten durchsuchten nach Informationen aus Sicherheitskreisen mehr als 200 Wohnungen und Büros von Organisatoren und Anhängern des radikalsalafistischen Koranverteilervereins „Die wahre Religion“.
Der Verein ist in Deutschland und auch in Österreich mit Koranverteilungen in Fußgängerzonen und Plätzen in Erscheinung getreten, bekannt ist er auch unter dem Namen „LIES! Stiftung“und „Stiftung LIES“. In Deutschland hat ihn Innenminister Thomas de Maizière (CDU) nun verboten.
Schwerpunkte der Polizeieinsätze, die zeitgleich in zehn westdeutschen Bundesländern und Berlin begannen, waren Hessen mit knapp 65 Durchsuchungen – darunter allein 15 in Frankfurt am Main – sowie Nordrhein-Westfalen und Bayern mit jeweils fast 35 Polizeiaktionen.
Um neun Uhr zeigte sich de Maizière bereits mit dem Ergebnis zufrieden und erklärte die Razzien und das Verbot des Vereins: „Mit der Koranübersetzung in der Hand werden Hassbotschaften und verfassungsfeindliche Ideologien verbreitet und Jugendliche mit Verschwörungstheorien radikalisiert.“Unter dem Vorwand der Werbung für den Islam bringe der Verein jihadistische Islamisten zusammen. „Wir wollen nicht, dass für Terrorismus in Deutschland geworben und radikalisiert wird. Und wir wollen auch nicht, dass Terrorismus aus Deutschland exportiert wird“, so de Maizière.
Laut dem deutschen Innenminister sind mehr als 140 junge Menschen nach der Teilnahme an „LIES“-Aktionen nach Syrien oder in den Irak ausgereist, um sich dort dem Kampf extremistischer Gruppierungen wie dem „Islamischen Staat“(IS) anzuschließen. „Eine systematische Beeinträchtigung unserer Grundwerte ist mit angeblicher Religionsfreiheit nicht zu vereinbaren.“
Er betonte aber ausdrücklich, dass das Verbot nicht auf Werbung für den islamischen Glauben oder die Verteilung des Korans abziele: „Verboten wird der Missbrauch einer Religion durch Personen, die unter dem Vorwand, sich auf den Islam zu berufen, extremistische Ideologien propagieren und terroristische Organisationen unterstützen.“Muslimisches Leben selbst habe einen „festen und gesicherten Platz“in Deutschland und der Gesellschaft.
„Barbarische Politiker“
Hinter der LIES-Kampagne steckt der Prediger Abu Nagi, der 2005 „Die wahre Religion“gegründet hat. In seiner jüngsten Videobotschaft, die vor einem Monat verbreitet wurde und zuvor in Malaysia aufgenommen worden war, zog er über seine deutsche Wahlheimat her: „Nur in Deutschland haben wir mit barbarischen Politikern zu tun, die einfach keine Moralwerte mehr besitzen und auf Rambo spielen.“Er erklärte auch, wer nicht den Islam annehme, dessen Bleibe sei „die ewige Verdammung in der Hölle“.
Wien ist „aufmerksam“
Das Vorgehen der deutschen Sicherheitsbehörden gegen den auch in Österreich aktiven salafistischen Koranverteilerverein „Die wahre Religion“wird auch im Wiener Innenministerium „aufmerksam verfolgt“. Man sei in Kontakt mit den deutschen Behörden, sagte Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck der APA. Das Verteilen religiöser Schriften an sich sei nicht strafbar, fügte er hinzu.
Die Verteilaktionen seien vom Verfassungsschutz „aufmerksam beobachtet“worden. „Strafbare Handlungen in direktem Zusammenhang mit den Verteilaktionen sind in Österreich nicht festgestellt worden“, betonte er. Die Frage, ob der Verein in Österreich verboten wird, müsse man „auf Grundlage der österreichischen Rechtslage“beurteilen, betonte Grundböck.
Wiens FP-Vizebürgermeister Johann Gudenus fordert angesichts der Maßnahmen in Deutschland ein wienweites Verteilverbot des Korans, wie es in Wiener Neustadt beschlossen wurde. (APA, bau)