Wenig Interesse an Aufklärung im Schülerheim
NS-Vergangenheit einer Jugendherberge für die „Wien-Wochen“bleibt gut verborgen
Wien/Linz – Das unscheinbare Haus in der Wiener Hirschengasse 25 beherbergt derzeit 89 Schüler des BG/BRG Rohrbach. Gemeinsam mit sieben Lehrern weilen die jungen Oberösterreicher derzeit auf Wien-Woche – und sind, wie viele andere Kollegen aus ganz Österreich, in dem Jugendgästehaus in Mariahilf untergebracht.
Doch nicht nur die Sehenswürdigkeiten der Bundeshauptstadt versetzten jetzt einen Teil Schüler in Erstaunen. Ein Blick ins Internet offenbarte nämlich die dunkle Geschichte des vom Bildungsministerium genutzten Hauses. Im Herbst 1931 wurde das Haus von der Wiener NSDAP gekauft, um dort die neue Machtzentrale der Partei zu installieren. In den folgenden Monaten bezog die Gauleitung Wien das Gebäude, das fortan den Namen „Adolf-Hitler-Haus“trug.
Schüler-Kritik
Daran erinnert heute aber nichts mehr. Und auch die Teilnehmer der Bundesländer-Aktion „Österreichs Jugend lernt ihre Bundeshauptstadt kennen“erfuhren Jahrzehnte nichts von der Hausgeschichte.
2013 ergriff dann die grüne Bezirks vorsteher stellvertreterin in Mariahilf, Susanne Jerusalem, die Initiative. Die Kulturkommission des Bezirkes nahm sich des Themas an – der STANDARD berichtete. In einer Mail vom Juni 2013 erläutert der damals verantwortliche Ministeriums-Mitarbeiter, dass die Betreuer vor Ort ab sofort angewiesen werden, alle Schulklassen im Rahmen des Einführungsgesprächs am Anfang der WienWoche auf die Geschichte des Hauses hinzuweisen. Und es sollte ein Schreiben der Lehrer-Infomappe beigelegt werden.
So weit die Theorie, umgesetzt wurde die angekündigte Regel offensichtlich nie. Was eine Mail der Mühlviertler Schüler an den Standard jetzt bestätigt: „... wir sind derzeit in dieser Jugendherberge untergebracht, haben aber erst durch Ihren Artikel zufällig von der schrecklichen Vergangenheit erfahren. Es würde uns freuen, wenn zukünftig wirklich jeder Besucher über das Vergangene informiert wird.“Auf Nachfrage gibt auch der begleitende Lehrer im Standard- Gespräch an, keine Unterlagen erhalten zu haben.
Vonseiten des Bildungsministeriums betont man jetzt überraschend, dass es nie einen entsprechenden Beschluss zu einem verbindlichen Aufklärungsgespräch gegeben habe. Man habe sich letztlich dagegen entschieden, um die Schüler „nicht gleich bei der Ankunft zu schockieren“.
Auch das erwähnte Infoblatt sei im Jahr 2013 „nur eine Überlegung“gewesen. Aber zumindest auf „konkrete Nachfrage“bringt das Betreuungspersonal Licht in die dunkle Vergangenheit.