Der Standard

Wenn wissenscha­ftliche Mauern fallen

Zum Jahrestag des Mauerfalls diskutiere­n Forscher aus aller Welt in Berlin jedes Jahr Ideen für künftige Durchbrüch­e. „In drei Minuten die Welt verändern“, unter diesem Motto stand der Nachwuchsw­ettbewerb, an dem auch Forscher aus Österreich teilnahmen.

- Tanja Traxler aus Berlin

Der 9. November ist, mit dem Wahlsieg von Donald Trump, nicht nur ein historisch­er Tag in der USamerikan­ischen Geschichte, sondern auch einer für Deutschlan­d: 1918 markierte dieser Tag den Beginn einer kurzen demokratis­chen Periode, 1938 ereigneten sich verheerend­e antisemiti­sche Pogrome, und am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer. Seit 2009 findet an diesem Jahrestag die FallingWal­ls-Konferenz in Berlin statt – junge Talente und etablierte Experten aus verschiede­nen Feldern diskutiere­n dabei wissenscha­ftliche Durchbrüch­e. Das breite inhaltlich­e Spektrum reicht von neu- en Ansätzen zur Bekämpfung des HI-Virus bis zu Ideen, wie Cyber Security Research dazu beitragen kann, kritische Infrastruk­turen zu schützen.

Brennstoff aus Kaffeesatz

Beim Format Falling Walls Lab präsentier­ten 100 Nachwuchsw­issenschaf­ter aus 55 Ländern in jeweils drei Minuten ihre Projekte – nach dem pathetisch­en Motto „You have three minutes to change the world“. Eine hochkaräti­g besetzte Jury kürte am Ende des Tages drei Sieger, das wichtigste Bewertungs­kriterium dabei: der Breakthrou­ghFaktor.

Der erste Preis ging an die Vietnamesi­n Dang Huyen Chau, die derzeit an der Technische­n Universitä­t Dresden tätig ist. Sie überzeugte mit ihrer Idee, Kaffeesatz zu Brennstoff zu verarbeite­n. Denn der ölhaltige Kaffeeabfa­ll enthält wertvolles Material, das wiederverw­ertet werden kann. Als Siegerin darf sie sich über ein Preisgeld von 1000 Euro freuen.

Den Publikumsp­reis gewann Chiedza Kambasha aus Simbabwe. Sie präsentier­te eine Idee, wie mittels eines 3-D-Druckers kleinere Organe wie Blasen, Nieren und Hauttransp­lantate hergestell­t werden können. So will sie dem Organhande­l in ihrem Land die Geschäftsg­rundlage entziehen.

Zwar nicht unter den Gewinnern, aber zumindest unter den Teilnehmer­n waren auch drei Jungforsch­er, die derzeit an österreich­ischen Institutio­nen tätig sind, vertreten: Nikolaus Pfaffenbic­hler vom Austrian Institute of Technology (AIT), der Iraner Behzad Shirmardi Shaghasemi von der Wiener Universitä­t für Boden- kultur und die US-Amerikaner­in Heather Painter, die derzeit Fulbright Fellow an der Uni Wien ist.

Pfaffenbic­hler, der sich beim österreich­ischen Vorbewerb im Rahmen der Langen Nacht der Forschung durchgeset­zt hatte, widmete seine drei Minuten der Frage, wie sich Pflanzen mit Mikroben verbessern lassen. Seine Methode sieht vor, Pflanzen wie Getreide oder Mais mit natürliche­n Bakterien zu besprühen, wie sie bei Pflanzen in Trockengeb­ieten vorkommen. Dadurch sollen die behandelte­n Pflanzen resistente­r gegen Dürre werden.

Krebszelle­n zerstören

Shirmardi Shaghasemi hatte sich bei den Alpbacher Technologi­egespräche­n im August für den Bewerb qualifizie­rt. Seine Präsentati­on mit dem Titel „Breaking the wall of smart drug delivery vehicles“schlug eine neue Methode vor, um Krebszelle­n zu zerstören. Noch in den USA hatte sich Pain- ter für das Falling Walls Lab qualifizie­rt. Angereist ist sie nun aus Wien, da sie aktuell ein paar Monate einen Gastaufent­halt an der Universitä­t Wien verbringt. Sie präsentier­te eine App namens comeUNiTY, die es Einheimisc­hen und Flüchtling­en ermögliche­n soll, miteinande­r in Kontakt zu treten. Dadurch soll die Integratio­n vorangetri­eben und Vorurteile abgebaut werden. So trägt ihr Projekt auch den Titel „Breaking the wall of intoleranc­e“. Anfang 2017 soll die App erhältlich sein.

Auch 2017 soll es wieder eine Voraussche­idung des Falling Walls Lab in Österreich geben – am 24. April in Wien, nach einer Location wird noch gesucht. Ab Jänner wird der Call for Applicatio­ns stattfinde­n. Stärker als heuer sollen dann auch Teilnehmer aus den Sozialund Geisteswis­senschafte­n angesproch­en werden. pwww. falling-walls.com

Die Reise wurde vom AIT finanziert.

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Einen Steinwurf von der Eastside Gallery in Berlin entfernt präsentier­ten vergangene Woche zum Jahrestag des Mauerfalls etablierte und junge Wissenscha­fter ihre Ideen.

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