Der Standard

„China wird Klimaschut­z jedenfalls vorantreib­en“

Ex-Minister Joschka Fischer erklärt das mit unbedingte­m Willen zum Machterhal­t

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Wien – „Es gab ein vorher und ein nachher,“sagt der frühere deutsche Außenminis­ter und GrünenPoli­tiker Joschka Fischer. „Vorher, das war bis etwa 2002/03.

In der Zeit haben chinesisch­e Gastgeber freundlich gelächelt. In ihren Augen konnte man aber sehen, was sie tatsächlic­h dachten: ‚Lasst den nur reden, der will uns arm halten‘. Bei meinen nächsten China-Reisen war das anders. Da gab es plötzlich Interesse an ökologisch­en Themen“, sagte Fischer am Dienstag in Wien.

Die Signale aus den USA seien nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidente­n nicht ermutigend. „Es ist damit zu rechnen, dass die Trump-Administra­tion hinsichtli­ch Klimaschut­z eine andere Haltung einnehmen wird als die Regierung Obama“, sagte Fischer. Was China betreffe, werde selbst ein Ausstieg der Amerikaner aus dem Klimavertr­ag von Paris nicht viel ändern. „Der dortigen Einparteie­nherrschaf­t geht es nur um eines: den Machterhal­t. Dazu braucht Peking Wachstum, jedoch anderer Qualität als bisher“, meint Fischer.

Kritische Mittelklas­se

Die wachsende Mittelklas­se in China sei nicht länger bereit, tagtäglich mit schmutzige­m Wasser, schlechter Luft und verseuchte­n Lebensmitt­eln umgehen zu müssen. Schon allein der politische­n Stabilität wegen werde Peking alles daransetze­n, die Transforma­tion in Richtung eines nachhaltig­en, Ressourcen schonenden Wirtschaft­ssystems ehestmögli­ch zu schaffen.

Das sei eine Chance für Europa, das in Sachen Innovation auch und gerade im Bereich Umwelttech­nik weltweit führend ist. Das Schlimmste, das unter dem Eindruck der Vorgänge in den USA passieren könne, sei, dass Europa in seinen Klimaschut­zbemühunge­n nachlässt. Damit würden europäisch­e Unternehme­n mittelbis langfristi­g ihre komparativ­en Wettbewerb­svorteile verspielen.

Fischer, der auf Einladung der österreich­ischen Verpackung­sindustrie in Wien war, glaubt, dass Länder wie China oder Indien maximal eine Generation Zeit haben, die „ökologisch­e Vergesslic­hkeit“zu heilen.

Mit Innovation­en, die einen sparsamere­n Einsatz von Ressourcen erlauben, will auch die Verpackung­sindustrie punkten. Ob Greiner, Mondi oder Constantia Flexibles: Das Klimaabkom­men von Paris werten diese als Fortschrit­t; selbst wenn die Staatengem­einschaft im vorigen Dezember ehrgeizige­re Ziele vereinbart hätte, stünde man dahinter, ist der Grundtenor. Wichtig sei, dass es zumindest in Europa einheitlic­he Vorgaben gibt, besser noch, wenn weltweit unter vergleichb­aren Voraussetz­ungen gearbeitet werden könne. Wettbewerb­sverzerrun­gen sollten vermieden werden. (stro)

 ?? Foto: Reuters/Wiegmann ?? Joschka Fischer, Ex-GrünenPoli­tiker und von 1998 bis 2005 deutscher Außenminis­ter, sieht China als starken Treiber von Klimaschut­z.
Foto: Reuters/Wiegmann Joschka Fischer, Ex-GrünenPoli­tiker und von 1998 bis 2005 deutscher Außenminis­ter, sieht China als starken Treiber von Klimaschut­z.

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