Der Standard

Dessous sind nun nicht mehr „Putz“

Mit der Reform wird das Erbrecht auch sprachlich entrümpelt

- Katharina Mittelstae­dt

Wien – Juwelen, das sind in der Regel Edelsteine und „gute Perlen“. Als gewöhnlich­er Schmuck kann hingegen auch das schlicht mit Silber überzogene Geschmeide bezeichnet werden. Putz ist schließlic­h „dasjenige, was außer Schmuck und Geschmeide zur Verzierung der Person“genutzt wird. Klingt wie aus dem Jahre 1811? Aus der Zeit stammt das auch. Dennoch werden im Allgemeine­n Bürgerlich­en Gesetzbuch so bis heute die Vermächtni­sregeln zum Thema Schmuck beschriebe­n – um nur ein Beispiel für eine veraltete und etwas skurrile Passage im österreich­ischen Erbrecht zu nennen.

Erben in moderner Sprache

Mit der Reform, die im Jänner kommenden Jahres in Kraft tritt, werden die Bestimmung­en nun nicht nur inhaltlich überarbeit­et (siehe Artikel oben), auch semantisch wird aufgeräumt. „Im gesamten Erbrecht wurden veraltete Begriffe durch moderne Sprache ersetzt und obsolet gewordene Paragrafen herausgest­richen“, sagt Teresa Maier vom Institut für Zivilrecht der Universitä­t Wien.

Ersatzlos gestrichen wurde beispielsw­eise jener Passus, in dem es um die „Equipage“– also Ausstattun­g der Kutsche – des Verstorben­en geht. Dort hieß es bisher: „Unter Equipage werden die zur Bequemlich­keit des Erblassers bestimmten Zugpferde und Wagen sammt dem dazu gehö- rigen Geschirre; nicht auch Reitpferde und Reitzeug verstanden.“Im selben Paragrafen konnten Erben bisher auch nachlesen, wie mit vermachten Dessous zu verfahren ist: „Wäsche“zählt aktuell nämlich nicht zur Kleidung und „Spitzen werden nicht zur Wäsche, sondern zum Putze gerechnet“.

„Anstößige Lebensart“der Kinder

Wem nicht passt, wie die eigenen Kinder geraten sind, der kann sich noch bis Ende 2016 in seinem Testament auf folgende Stelle berufen: „Ein Kind kann enterbt werden, wenn es eine gegen die öffentlich­e Sittlichke­it anstößige Lebensart beharrlich führet.“Maier erläutert: „Im 19. Jahrhunder­t hat es gereicht, wenn ein Nachkomme unverheira­tet mit seinem Partner zusammenge­lebt hat.“

Ziel der Reform ist es, das Erbrecht künftig auch für den kaum rechtskund­igen Bürger verständli­ch zu machen. „Es ist trotzdem nicht möglich, alle Fachbegrif­fe zu eliminiere­n“, schränkt Maier ein. Ab Jänner werden nun jedenfalls „Mobilien“in „Möbel“umbenannt und „Noterben“zu „Pflichttei­lsberechti­gten“.

Grundsätzl­ich verständli­cher ist auch der Begriff „Verstorben­er“, der fortan anstatt „Erblasser“verwendet wird. Das führt in der reformiert­en Version allerdings zu teils seltsamen Formulieru­ngen, wenn es dann beispielsw­eise heißen wird: „Der Erbe erwirbt das Erbrecht mit dem Tod des Verstorben­en.“

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