Vom Staubsauger zum Küchenroboter
Das Luxus-Küchengerät Thermomix ist ein Renner in Österreich. Den Hype erklärt sich die Firma Vorwerk durch das steigende Bewusstsein für Ernährung. Auch heuer wird mit einem kräftigen Umsatzplus gerechnet.
Wien – Kochen boomt seit geraumer Zeit und Hersteller von Küchengeräten schwimmen auf der Welle mit. Davon kann auch Vorwerk ein Lied singen. Thermomix ist der Verkaufsschlager des deutschen Unternehmens – ein Allzweck-Kochgerät, das Hobbyköchen wie auch Haubenchefs die Arbeit in der Küche erleichtern soll. Der Verkaufserlös mit Thermomix ist in Österreich von 2014 auf 2015 um hundert Prozent auf elf Millionen Euro gestiegen.
In Österreich war Vorwerk mit einer Vertriebsniederlassung in Vorarlberg vor allem durch ihre Kobold-Staubsauger bekannt. Auf sie entfallen noch immer 70 Prozent des Gesamtumsatzes. „In ein oder zwei Jahren wird Thermomix aber wahrscheinlich die Hälfte des Umsatzes ausmachen“, sagt Armin Schwerdtner, Geschäftsführer von Thermomix Österreich. Besonders in Vorstadtgebieten und am Land werde das Küchengerät oft gekauft.
Wieso das Gerät gerade jetzt so boomt? Immer mehr Menschen wollten wieder selbst kochen, sagt Schwerdtner. Gerade die jüngere Generation würde sich von Fastfood und Fertigpizza verabschieden. Durch Kooperationen mit Food-Blogs und einer ausgeklügelten Social-Media-Strategie wolle man junges Publikum anlocken. „Wir möchten durch digitale Möglichkeiten Schritt für Schritt mehr Kundenpotenzial ausschöpfen“, sagt Schwerdtner. Das Haushaltpotenzial in Österreich sei mit den bisher verkauften rund 65.000 Geräten „gerade erst angekratzt“. Heuer rechnet Vorwerk mit einem Umsatzplus von 60 Prozent. Dabei spielt der Vorweihnachtsverkauf eine wichtige Rolle, er ist für 55 Prozent des Gesamtjahresumsatzes verantwortlich. Doch auch die Konkurrenz schläft nicht: Thermomix teilt sich den Markt mit Kenwood, KitchenAid sowie Küchengeräten aus Diskontmärkten.
Mittlerweile gibt es zwar drei Vorwerk-Verkaufsstellen in Österreich, dennoch ist der Direkt- verkauf für neunzig Prozent des Umsatzes verantwortlich. Sechs Thermomix-Geräte muss einer der rund 800 Repräsentanten der Firma Vorwerk verkaufen, um sich ein eigenes Gerät zu verdienen. Die Repräsentanten veranstalten landesweit „Erlebniskochen“– private Kochveranstaltungen, die an Tupperware-Partys erinnern. Rund 15.000 solcher Partys finden in Österreich pro Jahr statt. Unternehmensangaben zufolge wird pro Veranstaltung im Schnitt ein Gerät verkauft – um satte 1200 Euro. Schwerdtner argumentiert, dass die Qualität der in Frankreich und Deutschland produzierten Teile und der Kundenservice den Preis rechtfertigten.
Die Repräsentanten sind alle selbstständig, sie erhalten 140 Euro Provision pro verkauftes Gerät. Sie sind auch für die Kundenakquise verantwortlich, Verkaufsgarantie gibt es keine, aber auch keine Verkaufsverpflichtung vonseiten des Unternehmens.
Provision
Für den Verkauf der ersten sechs Geräte erhalten die Vorführer eine abgespeckte Provision. Diese diene hauptsächlich dazu, den eigenen Thermomix abzubezahlen. Sollte einem Verkäufer innerhalb der ersten hundert Tage nicht gelingen, sechs Geräte zu verkaufen, muss er dem Unternehmen die Differenz rückerstatten. Personen, die bereits einen Thermomix besitzen, können an dem Hundert-Tage-Programm nicht teilnehmen.
„Unsere Repräsentanten bekommen keinen Druck von uns. Viele machen den Job nebenbei, weil er ihnen Spaß macht“, sagt Schwerdtner. Durchforstet man das Internet nach den Vertretern, landet man hauptsächlich auf Webseiten von Frauen: Neun von zehn Vertretern sind weiblich.
Nur wenige Frauen scheinen hauptberuflich für Thermomix tätig zu sein, viele arbeiten in einem Büro, als Köchin oder Lebensberaterin. Zahlreiche Verkäuferinnen vertreiben auch noch Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika.