„Donald ist ein Hochstapler“
Für den Trump-Biografen David Cay Johnston ist der Mangel an grundlegendem Wissen das Gefährlichste am künftigen US-Präsidenten Donald Trump. Im besten Fall wäre er vier Jahre lang ineffektiv.
INTERVIEW: STANDARD: Wollten Donald Trump und sein Wahlkampfteam überhaupt gewinnen? Johnston: Er ist eingestiegen, um zu gewinnen. Das heißt nicht, dass er den Job als USPräsident machen will. Aber Gewinnen ist alles für Trump. Und der größte Preis ist die US-Präsidentschaft. Er ist aber nicht interessiert daran, die meiste Arbeit zu machen.
STANDARD: Wird er anders regieren, als er Wahlkampf geführt hat? Johnston: Wir sehen sehr klar, welche Regierung er zusammenstellt. Stephen Bannon, der durch Breitbart News für Äußerungen gegen Juden und Schwarze sowie Verschwörungstheorien bekannt ist, wird sein Chefstratege. Jeff Sessions, ein rassistischer Senator aus Alabama, wird Justizminister. Der Donald Trump aus dem Wahlkampf ist der Donald Trump, den wir jetzt sich auf das Weiße Haus vorbereiten sehen.
STANDARD: Kann er seine Versprechen aus dem Wahlkampf umsetzen? Johnston: Natürlich nicht, kein Politiker kann das. Ich glaube auch nicht, dass er das will – Donald ist ein Hochstapler. Bevor er für das Präsidentenamt kandidierte, war er eigentlich ein liberaler Demokrat. Er glaubte an das Recht einer Frau, sich für eine Abtreibung zu entscheiden, jetzt ist er gegen Abtreibungen und erklärt sie zur Sache der Bundesstaaten. Er hat indirekt illegale Einwanderer beschäftigt, jetzt will er sie aus dem Land werfen. Er ist auch kein guter Geschäftsmann, das ist Teil seines Betrugs. Er sagt, er verwandle Dinge zu Gold. Aber eigentlich saugt er nur Gold aus und lässt die Hülle zurück.
STANDARD: Gibt Ihnen etwas Hoffnung? Johnston: Nein. Im besten Fall tut er nichts und ist einfach vier Jahre lang ineffektiv.
STANDARD: Welche Eigenschaft Trumps macht Ihnen am meisten Angst? Johnston: Er hat keine Ahnung. Er sagte: „Ich liebe Krieg.“Oder er fragte, warum man keine Atomwaffen in Europa oder Atomwaffen überhaupt einsetze. Er kennt den Unterschied zwischen einem Sunniten und einem Schiiten nicht. Er ist einfach der größte, erfolgreichste Hochstapler, den ich kenne.
STANDARD: Sehen Sie die Möglichkeit, dass Trump zurücktritt? Johnston: Er würde niemals freiwillig zurücktreten, das würde ihn zum Verlierer machen. Wenn er abgesetzt wird, würde er vom „manipulierten System“sprechen.
STANDARD: Halten Sie ein Impeachment für realistisch? Johnston: Wenn Trump dem USMilitär aufträgt, zu foltern oder Atomwaffen einzusetzen, werden die Offiziere diese Befehle nicht ausführen. Wenn er dann damit anfängt, Generäle zu feuern, sollte man sich wirklich Sorgen machen, dass er sich verfassungswidrig an der Macht halten wird. Nichts davon muss passieren. Der Punkt ist: Es war zuvor nicht annähernd vorstellbar, nicht mit Obama, auch nicht mit Bush.
DAVID CAY JOHNSTON (67) war Journalist bei der „New York Times“und der „LA Times“. Vor kurzem erschien „Die Akte Trump“im Ecowin-Verlag. p Interview-Langversion auf derStandard.at/USA