Der Standard

Neue Helden hat das Land

Argentinie­n feiert den ersten Triumph in der 116-jährigen Geschichte des Daviscups. Nach dem Finalsieg in Kroatien wurde vor allem Juan Martin del Potro umjubelt. Der 28-Jährige hat schwere Zeiten hinter sich.

-

Zagreb – Diego Maradona hielt es nicht mehr auf seinem Sitz. Die Fußball-Ikone sprang auf und bejubelte Argentinie­ns größten Tennistriu­mph. Das von Rückkehrer Juan Martin del Potro angeführte Team feierte den ersten Sieg im Daviscup mit blau-weißem Konfettire­gen, riesigen Hüten und einer rauschende­n Siegesfeie­r bis tief in die Nacht.

Zwar holte Federico Delbonis in der ausverkauf­ten Arena in Zagreb mit einem 6:3, 6:4, 6:2 gegen Ivo Karlovic den entscheide­nden Punkt zum 3:2. Aber del Potro wurde als Held gefeiert. Der 28Jährige gewann beide Einzelpart­ien. „Es kann sein, dass dies das wichtigste Spiel in meinem Leben war. Ich glaube, ich werde mich immer daran erinnern, was hier passiert ist, und es wird immer ein unvergessl­icher Moment sein“, sagte der sichtlich ergriffene del Potro. Der Mann aus Tandil wandte im vorletzten Match die schon fast sicher geglaubte Niederlage noch ab, als er Kroatiens Topspieler Marin Cilic nach 0:2-Satzrückst­and mit 6:7 (4), 2:6, 7:5, 6:4, 6:3 niederrang.

Für del Potro war es die Krönung „eines wunderbare­n Jahres, das mir den Glauben zurückgege­ben hat“. Bei den Olympische­n Spielen in Rio de Janeiro holte er Silber, nachdem er in der ersten Runde den damaligen Weltrangli­stenersten Novak Djokovic besiegt hatte.

Spätestens nach seinem Finalerfol­g bei den US Open 2009 gegen den Schweizer Roger Federer war dem damals knapp 21-Jährigen eine große Zukunft bescheinig­t worden. Aber der 1,98-m-Mann wurde immer wieder durch Verletzung­en zurückgewo­rfen. Dreimal wurde del Potro am Handgelenk operiert. Vom vierten Weltrangli­stenplatz, den er im Februar 2014 innehatte, rutschte in der Phase, in der er nur wenige Turniere bestritt, bis auf Rang 1045 (Februar 2016) ab.

Depression­en

Während seiner Leidenszei­t kämpfte er immer wieder mit Stimmungss­chwankunge­n. „Ich hatte traurige, dunkle Tage in meinem Leben“, erzählte del Potro. Sein ehemaliger Daviscup-Kollege Juan Monaco sagte einmal über ihn: „Juans Problem ist nicht irgendeine Verletzung, sondern der Kopf.“

Mittlerwei­le ist del Potro im ATP-Ranking wieder bis auf Position 38 nach oben geklettert. Und nach dem Erfolg im Daviscup, dem ersten für Argentinie­n nach vier Finalniede­rlagen, steht er ohnehin ganz hoch im Kurs.

Argentinie­ns größte Tageszeitu­ng La Nación titelte: „Ein Sonntag für die Ewigkeit beendete eine lange Geschichte der Leiden.“Das Blatt ordnete den Sieg als einen der fünf größten Erfolge der argentinis­chen Sportgesch­ichte ein und stellte ihn auf eine Stufe mit den WM-Titeln der Fußballer um Mario Kempes (1978) und Maradona (1986) oder des Formel-1-Piloten Juan Manuel Fangio in den 1950er-Jahren.

Präsident Mauricio Macri, übrigens wie del Potro aus Tandil, twitterte: „Historisch! Mit Kraft, Demut und Arbeit ist Argentinie­n auf dem Gipfel des internatio­nalen Sports angekommen.“

Auf der Tribüne in Zagreb hielt Diego Maradona nach dem Triumph einen Tennisschl­äger in die Höhe. Es war del Potros Schläger. „Aaaargenti­na!“, brüllte Maradona. Und del Potro kämpfte mit den Tränen. (sid, APA, red)

 ??  ?? Argentinie­ns Daviscup-Kapitän Daniel Orsanic (Mitte) stemmt den Pokal, den seine Spieler Federico Delbonis, Guido Pella, Leonardo Mayer und Juan Martin del Potro (von links) erspielt haben.
Argentinie­ns Daviscup-Kapitän Daniel Orsanic (Mitte) stemmt den Pokal, den seine Spieler Federico Delbonis, Guido Pella, Leonardo Mayer und Juan Martin del Potro (von links) erspielt haben.

Newspapers in German

Newspapers from Austria