Der Standard

Asylverfah­ren verzögern

Innenminis­terium drängt auf Obergrenze im Gesetz

- Günther Oswald

Wien – Umstritten waren die Asylrichtw­erte (vulgo Obergrenze) von Anfang an. Im Zusammenha­ng mit dem aktuellen Fremdenrec­htspaket sorgen sie nun wieder für rechtlich kontrovers­ielle Debatten. Die SPÖ hegt, wie berichtet, Zweifel, ob es verfassung­srechtlich überhaupt zulässig wäre, die Richtwerte, die als politische Ziele zwischen SPÖ und ÖVP vereinbart wurden, auch per Gesetz festzuschr­eiben. Zur Erinnerung: Heuer sollen maximal 37.500 Anträge zum Asylverfah­ren zugelassen werden, nächstes Jahr dann 35.000, 2018 nur mehr 30.000 und 2019 schließlic­h höchstens 25.000.

Damit diese Marken nicht überschrit­ten werden, wird an verschiede­nen Schrauben gedreht. Im Innenminis­terium wurde eine Sondervero­rdnung vorbereite­t, die es – sobald sie in Kraft gesetzt wird – erlauben würde, Asylanträg­e an der Grenze nicht mehr anzunehmen. Heuer wird der Richtwert auch ohne diese Notverordn­ung voraussich­tlich nicht erreicht. Um für den Fall der Fälle gerüstet zu sein, soll nächste Woche dennoch die finale Fassung außer Streit gestellt werden, wie Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (VP) und Kanzleramt­sminister Thomas Drozda (SP) am Dienstag erklärten.

Ein zweites Vorhaben des Innenminis­teriums: Kommt man in einem der nächsten Jahre der Obergrenze nahe, sollen Asylanträg­e von Menschen, die bereits in Österreich sind, formell nicht mehr zum Verfahren zugelassen werden. Mit anderen Worten: Diese Anträge würden auf die lange Bank geschoben und erst im Folgejahr behandelt, für das dann wieder ein neuer Richtwert gilt.

Dieser Schritt, also das Nichtzulas­sen zum Verfahren, wäre aber nach Rechtsansi­cht des Bundesamte­s für Fremdenwes­en (BFA) nicht möglich, wenn die Obergrenze nicht explizit ins Fremdenrec­htsgesetz aufgenomme­n wird. Denn wie Sprecher Karl-Heinz Grundböck im Gespräch mit dem STANDARD erklärt: Die Behörden können und dürfen nur vollziehen, was per Gesetz oder Verordnung festgelegt ist. Eine politische Erklärung durch die Regierung reicht dafür nicht.

Verhandlun­g vertagt

Wie der Konflikt gelöst werden könnte, ist offen. Entweder müsste die SPÖ einem aus ihrer Sicht verfassung­swidrigen Gesetz zustimmen, oder das Innenresso­rt müsste auf die Möglichkei­t, Asylverfah­ren in Folgejahre zu schieben, verzichten. Kommenden Montag wird weiterverh­andelt.

Darüber hinaus geht es beim Fremdenrec­htspaket noch um strengere Strafen für Asylwerber, die ihre Identität verschleie­rn, die sich trotz gültigen Ausreisebe­scheides weigern, Österreich zu verlassen sowie um beschleuni­gte Aberkennun­gsverfahre­n für straffälli­g gewordene Flüchtling­e und das Integratio­nsjahr.

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