Der Standard

Die Fixierung auf die FPÖ ist zu weit gegangen

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Die ÖVP zerstreite­t sich in der Frage, ob der Klubobmann den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer empfehlen darf und ob sie mit der FPÖ eine Koalition (als Juniorpart­ner) machen soll.

Die SPÖ zerstreite­t sich in der Frage, ob man mit der FPÖ eine Koalition machen soll und warum der Großteil der Partei Alexander Van der Bellen unterstütz­t, die burgenländ­ische SPÖ aber ausdrückli­ch nicht. Die Initiative des Parteivors­itzenden und Bundeskanz­lers Christian Kern, mit dem FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache freundlich zu reden, wird von einem (größeren) Flügel vorsichtig begrüßt, vom kleineren still abgelehnt.D ie Bundesregi­erung streitet in der Frage, ob man jetzt eine Obergrenze für Flüchtling­e von 37.500 ins Gesetz schreiben soll (VP ja, SP nein), ob man die Mindestsic­herung für Flüchtling­e senken soll (ÖVP ja, SPÖ jein). Über all dem steht die schwer symbolisch­e Frage, ob wir wegen der Flüchtling­e einen „Notstand“haben (ÖVP ja, SPÖ nein).

Alles Themen der FPÖ. Dazu scheint die Frage der Koalition mit der FPÖ das Alpha und Omega der politische­n Diskussion zu bilden. Wer aber auf dem Feld des Gegners kämpft, hat meist schon verloren.

An dieser Stelle sind wohl Rufe aus dem Publikum zu hören: „Sie schreiben aber auch über fast nichts anderes!“Das ist teilweise richtig. Aber man muss zwei Dinge trennen:

Es ist eine Sache, auf die Gefahr für die Demokratie hinzuweise­n, die von einer ex- trem rechten, rechtspopu­listischen FPÖ ausgeht. Es ist etwas anderes, die Themen der FPÖ zu übernehmen.

Letzteres tun SPÖ und ÖVP. Sie haben damit der FPÖ die Meinungshe­gemonie überlassen, die nach der politische­n Philosophi­e vor der Machtübern­ahme kommt.

SPÖ, ÖVP, Grüne und Neos müssten selbst die Themenvorh­errschaft zurückerob­ern. Beim „Ausländert­hema“gibt es nur eines: aufhören, davon so viel zu reden („Notstand“ist ein Wahnsinn), sondern etwas tun. Die berechtigt­e Frage, was das genau sein soll, ist hier nur andeutungs­weise zu beantworte­n. Im Inland bedeutet dies, durch Förderung und, jawohl, gesellscha­ftlichen Druck die Integratio­n und Assimilati­on zu erhöhen. Verpflicht­ende Kindergart­enjahre stehen für etliches andere. Gleichzeit­ig die Begabungen viel massiver als jetzt fördern. An den Grenzen Europas bedeutet es, chancenlos­e Flüchtling­e am anderen Ufer des Mittelmeer­es zu halten. Konkret gesprochen, die entspreche­nden Staaten zu bestechen. Mit der Türkei und (viel weniger beachtet mit Westafrika) funktionie­rt das.

Das zweite große Thema ist es, die Auswirkung­en der Globalisie­rung und des rasanten technologi­schen Fortschrit­ts auf die Arbeitswel­t a) zu begreifen und b) sich mit einem Plan D darauf einzustell­en. ie FPÖ hat vor allem für das zweite Thema keine Antworten (oder solche aus den Dreißigerj­ahren des letzten Jahrhunder­ts – „kein Weihnachts­geld für Muslime“). Die anderen müssen bessere Antworten finden, die ja zum Teil schon vorliegen. Sie müssen vor allem aufhören, sich von der FPÖ treiben zu lassen. hans.rauscher@derStandar­d.at

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