Der Standard

Maulwurf schlug Gewalttat gegen „Ungläubige“vor

Die Enttarnung eines islamistis­chen Maulwurfs beim Bundesamt für Verfassung­sschutz sorgt in Deutschlan­d für Aufregung. Der Mann wollte ein Attentat in der Behörde ermögliche­n. Nun sollen die Voraussetz­ungen für Einstellun­gen beim Geheimdien­st überprüft we

- Birgit Baumann aus Berlin

Es war kein angenehmer Anlass, der Hans-Georg Maaßen am Mittwoch von Köln nach Berlin führte. Der Chef des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz (BfV) musste dem Parlamenta­rischen Kontrollgr­emium (PKG), das für die Aufsicht über die Geheimdien­ste zuständig ist, Rede und Antwort stehen. Abgeordnet­e aller Fraktionen hatten vor allem eine Frage: Wie konnte so etwas passieren?

Einem Islamisten ist es gelungen, sich beim Bundesamt für Verfassung­sschutz einzuschle­ichen – ausgerechn­et bei jener Behörde, deren Mitarbeite­r eigentlich Menschen in Deutschlan­d vor islamistis­chen Anschlägen schützen sollen. Der Mann ist 51 Jahre alt, er sitzt seit dem 17. November in Untersuchu­ngshaft, die Staatsanwa­ltschaft hat schon Entwarnung gegeben: Es gebe keine unmittelba­re Gefahr für einen Anschlag.

Maaßen verteidigt die Einstellun­g des Quereinste­igers, der in Spanien geboren wurde und deutscher Staatsbürg­er ist. Er wurde im April 2016 angeworben, um die deutsche Salafisten­szene zu beobachten. „Wir haben eine gründliche Referenzpr­üfung gemacht, bei der fünf Referenzpe­rsonen gefragt wurden“, so Maaßen.

Doch niemandem, auch nicht der Ehefrau des Mannes, war aufgefalle­n, dass der vierfache Familienva­ter schon vor der Einstellun­g zum Islam konvertier­t war.

Maaßen beschreibt den 51-Jährigen als einen Mann aus „geordneten Verhältnis­sen, der im Dienst gute Arbeit gemacht hat“. Und weiter: „Wir haben es hier offensicht­lich mit einem Fall zu tun, in dem sich eine Person von seinem persönlich­en Umfeld unbemerkt radikalisi­ert hat.“

Enttarnt wurde der Maulwurf, als er sich im Chat mit einem Islamisten austauscht­e. Dem erklärte er, ein Anschlag auf das Bundesamt für Verfassung­sschutz sei „sicher im Sinne Allahs“. Er sei zu allem bereit, „um den Brüdern zu helfen“. Laut der Düsseldorf­er Staatsanwa­ltschaft schlug der Mann seinem Chatpartne­r vor, Gleichgesi­nnten Zugang zur Behörde zu verschaffe­n – für eine „Gewalttat“gegen „Ungläubige“.

Chatpartne­r aus der Behörde

Dabei habe er „inhaltlich zutreffend Einsatzanl­ässe und -orte offenbart“. Was der „Anbieter“nicht wusste: Sein Chatpartne­r war ein anderer Mitarbeite­r des Inlandsgeh­eimdienste­s. Die Staatsanwa­ltschaft betont, es gebe keine Hinweise, dass der Mann zuvor der salafistis­chen Szene tatsäch- liche Hinweise gegeben habe. Sie ermittelt nun wegen des Verdachts der Vorbereitu­ng einer schweren staatsgefä­hrdenden Gewalttat und der versuchten Verletzung von Dienstgehe­imnissen. Geprüft wird außerdem, ob der Generalbun­desanwalt den Fall übernimmt.

„Austro-Islamist“im Spiel

Laut Spiegel hat der Mann seinen Treueeid 2014 dem als „Austro-Islamisten“bekannt gewordenen salafistis­chen Prediger und Anwerber Mohamed Mahmoud telefonisc­h geleistet. Dem widerspric­ht die Staatsanwa­ltschaft. Der Betroffene habe nur angegeben, durch Telefonate mit einem gewissen Mohamed aus Österreich zum Übertritt angeregt worden zu sein. Bild berichtet, der 51Jährige sei früher Bankangest­ellter gewesen und habe in Pornofilme­n für Homosexuel­le mitgewirkt.

Im Bundesamt für Verfassung­sschutz sollen nun die Einstellun­gskriterie­n überprüft werden. Laut Maaßen haben diese bisher aber funktionie­rt: „Wir haben eine ganze Reihe von Personen im Rah- men des Auswahlver­fahrens filtern und aussieben können, bei denen wir den Eindruck haben, dass es Extremiste­n oder Personen sind, die für ausländisc­he Nach- richtendie­nste arbeiten.“Der SPDBundest­agsabgeord­nete Burkhard Lischka erklärt, es sei eine „mögliche Sicherheit­slücke“offenbar geworden.

 ??  ?? Hier hat sich ein Maulwurf eingeschli­chen. Er arbeitete seit April bei der in Köln ansässigen Behörde, jetzt sitzt er in U-Haft.
Hier hat sich ein Maulwurf eingeschli­chen. Er arbeitete seit April bei der in Köln ansässigen Behörde, jetzt sitzt er in U-Haft.

Newspapers in German

Newspapers from Austria