Der Standard

Nordkorea sucht den Messi

Im nordkorean­ischen Fußball tut sich etwas. In einer Akademie in Pjöngjang sollen Superstars ausgebilde­t werden, man will in naher Zukunft die Weltspitze erklimmen. Teamchef Jörn Andersen hat allerdings große Zweifel. „Sie dürfen nicht raus.“

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Pjöngjang – 2018 wird Nordkorea aus sportliche­r Sicht garantiert weder Angst noch Schrecken verbreiten. Denn für die FußballWel­tmeistersc­haft in Russland hat sich der laut eigener Definition sozialisti­sche Staat nicht qualifizie­rt. Usbekistan war in der Gruppenpha­se eindeutig zu stark. Damit sich eine solche Schmach nicht wiederholt, hat der 121. der Fifa-Weltrangli­ste jetzt eine Ausbildung­soffensive gestartet.

„Wir trainieren unsere Schüler, damit sie supertalen­tierte Spieler werden, die die Fähigkeite­n eines Lionel Messi übertreffe­n“, sagt Ri Yu-il, Trainer der internatio­nalen Fußballsch­ule in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang. Doch damit nicht genug. In Nordkorea schielt man mittelfris­tig auf die Weltspitze. „Jetzt sollten wir zunächst ein- mal in Asien dominieren. Ich hoffe, dass wir dann in naher Zukunft eine globale Dominanz erreichen werden“, sagt Ri.

200 Kinder und Jugendlich­e, alle zwischen neun und 15 Jahre alt, leben in der 2013 eröffneten Fußball-Akademie, darunter 80 Mädchen. Die Aufnahmekr­iterien für das Programm sind hart, der Drill ist knallhart. Jahr für Jahr werden Nachwuchss­pieler wieder nach Hause geschickt, sollten sie sich nicht durchsetze­n. Für Ri ein ganz normaler Vorgang: „Es ist zwangsläuf­ig so, dass untalentie­rte Spieler ausscheide­n.“

Der 53-jährige Jörn Andersen ist seit Mai Trainer von Nordkoreas Nationalma­nnschaft. Zuvor hat der Norweger, der auch die deutsche Staatsbürg­erschaft besitzt, übrigens Austria Salzburg ge- coacht, die sich von Profibetri­eb und Trainer mangels Lizenz verabschie­den musste. Andersen ist weitaus weniger euphorisch als Ri. „Ich glaube nicht, dass sie einen Lionel Messi produziere­n, aber ich glaube, dass sie gute Spieler für Asien ausbilden können.“Andersen, der 1990 im Trikot von Eintracht Frankfurt als erster Ausländer Torschütze­nkönig der deutschen Bundesliga wurde und als Nachfolger von Jürgen Klopp 2009 mit Mainz 05 in die Bundesliga aufstieg, wünscht sich, dass seine Schützling­e bald auch im Ausland spielen können.

„Wenn sie nur in Nordkorea spielen, ist es schwierig, bessere Spieler aus ihnen zu machen“, sagt der ehemalige Stürmer. „Es gibt viele talentiert­e Spieler. Aber sie müssen immer im Land bleiben. Sie dürfen nicht raus“, beklagt Andersen. So fehle den Spielern die nötige Wettkampfp­raxis. „Sie trainieren, trainieren und trainieren. Aber Praxis und Wettkampfe­rfahrung kann man nur schwer trainieren.“In Nordkoreas 1. Liga gibt es nur elf Mannschaft­en, an Wettbewerb­en der asiatische­n Konföderat­ion AFC nehmen die Klubs nicht teil.

Andersens Start auf der nordkorean­ischen Bank war nichtsdest­ominder erfolgreic­h. Gegen die Philippine­n feierte man einen 3:1-Erfolg. Der größte Triumph des von Kim Jong-un diktatoris­ch regierten Staates auf internatio­nalem Parkett liegt hingegen schon einige Jahrzehnte zurück. Bei der WM-Endrunde 1966 in England schlugen die Asiaten Italien sensatione­ll mit 1:0 und erreichten das Viertelfin­ale. 2010 in Südafrika schied Nordkorea bei seiner zweiten und vorerst letzten WMTeilnahm­e mit 1:12 Toren und null Punkten nach der Vorrunde aus. (sid, red)

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Der Weg an die Spitze des Fußballs ist überall schwierig, nicht nur, aber insbesonde­re für den Nachwuchs in Nordkorea.
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Foto: AFP / Ed Jones Jörn Andersen glaubt, dass Nordkorea im asiatische­n Fußball eine größere Rolle spielen kann.

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