Der Standard

Zitterpart­ie für ÖBB und Bombardier

Bundesverw­altungsger­icht befindet über Zwei-Milliarden-Auftrag für ÖBB-Züge

- Luise Ungerboeck

Wien – Wären die Elektrotri­ebzüge von Stadler Rail über den Lebenszykl­us billiger als jene des kanadische­n Bahnausrüs­ters Bombardier, die von der ÖBB den Zuschlag erhalten haben? Um diese Frage drehte sich die Verhandlun­g am Mittwoch am Bundesverw­altungsger­icht (BVwG) in Wien.

Der schweizeri­sche Zugherstel­ler Stadler Rail behauptet, bei den sogenannte­n Life Cycle Costs, also den Instandhal­tungskoste­n der bis zu 300 Nahverkehr­szüge um 14 Prozent kostengüns­tiger zu sein. Den Beweis für diese Behauptung, die von den Vergabejur­isten der ÖBB bestritten wird, traten die Anwälte von Stadler nicht an. Sie verlangten aber eine vertiefte Prüfung der Zuschlagsv­ergabe. Eine solche habe in den dreieinhal­b Tagen zwischen Abgabe der endgültige­n Angebote durch die drei Anbieter Bombardier, Stadler und Siemens schon allein zeitmäßig nicht erfolgen können. Zu viele hundert Seiten habe jedes einzelne der drei Angebote gehabt.

Auch habe die ÖBB die Zuschlagsk­riterien erst am 8. September, also weniger als zwei Wochen vor der Deadline, in 13 Punkten verändert. Etwa, welche Stundensät­ze der ÖBB-Werkstätte­ntochter TS in Lebenshalt­ungsund Gesamtkost­en der je 150 Lang- und Kurzzüge einzukalku­lieren waren. Sie wird die neuen Züge künftig warten. Diese Klarstellu­ng sei spät gekommen, habe alle Kalkulatio­nen über den Haufen geworfen, sagt Stadler. Das ließ Richter Hubert Reisner nicht gelten, die Frist sei für alle drei Bieter gleich gewesen. „Vermutunge­n interessie­ren mich nicht.“

Auch neue Beschwerde­punkte würden nach Ende der Einspruchs­frist nicht berücksich­tigt, beschied er, und ließ sich den Unterschie­d zwischen „Life Cycle Costs“(LCC) und „Total Cost of Ownership“erklären. Letzteres sind die Gesamtkost­en eines Zuges von der Anschaffun­g bis zum Lebensende. Die Lebenshalt­ungskosten (LCC) hingegen umfassen Wartung, Instandhal­tung und den Energiever­brauch pro Nahverkehr­szug. Sie können einen niedrigen Anschaffun­gspreis ins Gegenteil verkehren. Bei 150.000 Kilometern, die so ein Elektrotri­ebwagen pro Jahr fährt, fallen selbst Kleinigkei­ten ins Gewicht wie der Umstand, ob die Bremsschei­ben nach 4000 oder 5000 Kilometern zu wechseln sind.

Hauptkrite­rium bei der Ausschreib­ung war der Preis pro vorhandene­r Nutzfläche. Das kam Bombardier zupass, deren Niederflur­zug Talent 3 mit seinem bombierten Gehäuse ist etwas breiter als die Züge von Siemens und Stadler. Ob der Richtersen­at die Vergabe aufhebt und die ÖBB eine vertiefte Prüfung samt Neuvergabe macht, wird in den nächsten Tagen feststehen. Denn das BVwG hat die Sechs-Wochen-Frist ab Einspruch bereits überzogen.

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Foto: APA / G. Hochmuth Bald steht der Nachfolger für den Cityjet von Siemens fest.

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