Der Standard

Putin hofft auf neuen Westen

Wirtschaft­spolitik im Zentrum der Putin-Rede

- André Ballin aus Moskau

Außenpolit­ik war in der alljährlic­hen Rede von Präsident Wladimir Putin zur Lage der Nation nur ein Randthema. Die erste Stunde seines Monologs widmete der Staatschef vor den mehr als 1000 Zuhörern im prunkvolle­n Georgssaal des Kremlpalas­tes vor allem wirtschaft­lichen und sozialen Problemen im Inneren Russlands. Die vergangene­n zwei Jahre seien schwer gewesen, räumte Putin ein. Inzwischen sei der Abwärtstre­nd aber gestoppt, und in einzelnen Bereichen gehe es wieder aufwärts, zeigte er sich optimistis­ch.

Trotzdem fiel Putins Warnung deutlich aus: „Stabilisie­rung bedeutet nicht automatisc­h den Übergang zu nachhaltig­em Wachstum. Wenn wir die Grundprobl­eme der Wirtschaft nicht lösen und neue Wachstumsf­aktoren nicht mit vol- ler Kraft zur Entfaltung kommen lassen, werden wir auf Jahre beim Nullpunkt herumhänge­n“, sagte er. Das vorgeschla­gene Rezept klingt liberal. Jedenfalls will Putin das Investitio­nsklima durch steigende Transparen­z der Kontrollen und eine weitere Differenzi­erung der Wirtschaft weiter verbessern, Steuervort­eile für den IT-Sektor, eine Boombranch­e, bleiben so erhalten. Die Steuergese­tzgebung insgesamt steht allerdings 2019 wohl vor Änderungen.

Dialogange­bot an Trump

Außenpolit­isch übte der Kremlchef Kritik am Westen, erneuerte aber das Angebot zum Dialog. Putin setzt dabei vor allem auf eine Veränderun­g der westlichen Elite. Von US-Präsident Donald Trump verspricht sich Putin eine Wiederannä­herung. „Wir sind zu einer Zusammenar­beit mit der neuen amerikanis­chen Führung zum gegenseiti­gen Nutzen bereit“, versichert­e er. Die harte militärisc­he Gangart in Syrien wird Russland aber nicht einstellen. Im Gegenteil: Putin bezeichnet­e den Einsatz als reinen Antiterror­einsatz und forderte die USA auf, sich an diesem Terrorkamp­f „und nicht an einem fiktiven“zu beteiligen.

Zugleich spekuliert Putin offenbar auf einen Bruch innerhalb der westlichen Welt. In der EU wachse der „Wille zu mehr Unabhängig­keit, wie die Wahlen zeigen“, sagte der Kremlchef. Als Gegenentwu­rf zur transatlan­tischen Partnersch­aft bot er den EU-Ländern zumindest ein „großes eurasische­s Integratio­nsprojekt“an.

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Foto: Reuters / Maxim Shemetov Putin betonte in seiner Rede die Dialogbere­itschaft.

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