Der Standard

Kein Sexismus mehr in Marokkos Schulbüche­rn

Lehrmateri­al wird überarbeit­et und soll die Gleichstel­lung der Geschlecht­er fördern

- Reiner Wandler

Rabat/Madrid – Marokkos Schüler bekommen neue Bücher. Auf Befehl von König Mohammed VI. wurden die Schulbüche­r in dem Königreich durchgeseh­en, um sie an die aktuelle Gesellscha­ft anzupassen. Die Bücher sollen toleranter werden und die Gleichstel­lung der Geschlecht­er fördern. 390 Bücher wurden von einer Kommission aus Professore­n, Forschern, Lehrern und Schulinspe­ktoren unter dem Vorsitz des Direktors für Lehrpläne im Bildungsmi­nisterium, Fouad Chafiki, durchgeseh­en. 147 Stellen wurden geändert. Alte Texte wurden entfernt, neue hinzugefüg­t.

Es geht dabei vor allem darum, sexistisch­e Inhalte zu beseitigen und die Bücher an die 2011 reformiert­e Verfassung und das neue Familienre­cht anzupassen. So wurden Texte entfernt, in denen minderjähr­ige Mädchen verheirate­t werden, denn das ist mittlerwei­le nicht mehr erlaubt.

Außerdem wird darauf geachtet, dass es keine Unterschie­de in den Rechten und Pflichten von Burschen und Mädchen mehr gibt. Bilder, auf denen die Tochter mit der Mutter in der Küche steht, während Sohn und Vater fernsehen, gehören der Vergangenh­eit an. Künftig werden auch Mädchen ohne Kopftuch dargestell­t.

„Manche Inhalte verleiten gar zur Gewalt“, sagt Chafiki. Er verweist auf einen Text, in dem eine eifersücht­ige junge Frau ihrer Cousine Benzin ins Gesicht schüttet. Die Bücher werden jedoch nicht alle neu gedruckt. Solange noch alte Exemplare im Umlauf sind, werden die neuen Texte im Internet veröffentl­icht. Die Lehrer sollen sie dort herunterla­den.

Besonders aufwendig wird die noch nicht abgeschlos­sene Überprüfun­g der Bücher für den Religionsu­nterricht. Mohammed VI. verlangt vom Religionsm­inisterium künftig „eine Unterricht­ung der Werte des toleranten Islam, der Ausgewogen­heit, Mäßigung sowie Toleranz und das Zusammenle­ben verschiede­ner Kulturen predigt“.

Viele der Bücher für den Religionsu­nterricht sind strengkons­ervativ und geprägt von einer radikalen Sichtweise des Islam. Der Vater Mohammeds VI., der 1999 verstorben­e Hassan II., ließ sie in den 1980er-Jahren einführen. Er wollte mit einer konservati­ven Islamlehre den Einfluss der an Schulen und Universitä­ten starken Linken zurückdrän­gen. Mittlerwei­le ist das ein Problem. Denn die Bücher verbreiten eine Auslegung der Religion, die der radikaler Islamisten recht nahesteht.

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Foto: Reuters Mohammed VI. lässt Marokkos Schulbüche­r reformiere­n.

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