Der Standard

Wenn die Post die Wahlkarte verschlamp­t

Wenige Tage vor der Wahl häufen sich die Beschwerde­n über nicht zugestellt­e Wahlkarten für Auslandsös­terreicher. der Standard beantworte­t die wichtigste­n Fragen zum Thema.

- FRAGE & ANTWORT: Günther Oswald

Frage: Wie viele Wahlkarten wurden dieses Mal beantragt? Antwort: Bis Freitag zwölf Uhr können noch Wahlkarten beantragt werden, einen Zwischenst­and hat das Innenminis­terium nicht. Bei der ersten Stichwahl wurden jedenfalls 885.437 Karten ausgestell­t, 38.931 davon an Auslandsös­terreicher.

Frage: Welche Fristen gibt es bei den Wahlkarten? Antwort: Seit 27. September konnten sie beantragt werden, da dieses Mal neue Wahlkarten verwendet werden, stehen sie aber erst seit 7. November flächendec­kend in ganz Österreich zur Verfügung. Schriftlic­h konnten sie bis Mittwoch beantragt werden, mündlich ist das, wie erwähnt, bis Freitagmit­tag möglich.

Frage: Warum räumt man Auslandsös­terreicher­n nicht längere Fristen ein, um auf Nummer sicher zu gehen? Antwort: Dazu müsste man zuerst das Wahlgesetz ändern. Unter anderem mit dieser Frage soll sich eine Arbeitsgru­ppe des Parlaments nächstes Jahr beschäftig­en. Auslandsös­terreicher können aber schon jetzt ein „Abonnement“abschließe­n, damit sie nicht jedes Mal aufs Neue eine Wahlkarte beantragen müssen.

Frage: Wie häufig kommt es vor, dass Wahlkarten im Ausland nicht rechtzeiti­g zugestellt werden? Antwort: Zentral wird das vom Innenminis­terium nicht erfasst, zu- ständig sind die jeweiligen Gemeinden. Beim STANDARD trudeln aber täglich Beschwerde­n ein, dass Wahlkarten, die schon vor Wochen beantragt wurden, noch immer nicht zugestellt wurden.

Frage: Was kann ich tun, wenn meine Wahlkarte nicht rechtzeiti­g oder erst ein, zwei Tage vor der Wahl ankommt? Antwort: Nicht viel. Wenn die Wahlkarte gar nicht zugestellt wurde, habe ich Pech gehabt. Wenn sie knapp vor der Wahl zugestellt wurde, kann ich sie zwar beim Konsulat oder der Botschaft abgeben, bin aber letztlich von der Geschwindi­gkeit der ausländisc­hen Post abhängig. Wahlkabine­n mit anschließe­nder Auszählung vor Ort sind bei den Auslandsve­rtretungen nicht vorgesehen. Gültig sind somit nur Wahlkarten, die bis 17.00 Uhr am Sonntag bei der Wahlbehörd­e in Österreich angekommen sind. Lediglich im Inland kann man mit Wahlkarte auch in Wahllokale­n in anderen Bundesländ­ern wählen.

Frage: Muss ich meine Wahlkarte bei der Post frankieren? Antwort: Nein. Laut Gesetz gibt es einen Rechtsansp­ruch darauf, dass sie kostenlos weitergele­itet wird. Dazu gibt es auch internatio­nale Vereinbaru­ngen mit ausländisc­hen Postdienst­leistern. In der Praxis ist es aber immer wieder vorgekomme­n, dass nicht frankierte Sendungen nicht angekommen sind. Der Generalkon­sul in New York hat daher zuletzt dazu geraten, die Wahlkarte besser selbst zu frankieren.

Frage: Was ist, wenn meine Wahlkar- te von ausländisc­hen Zollbehörd­en oder Postlern geöffnet wurde? Antwort: Auch dann gilt: Pech gehabt. Gezählt werden nur unversehrt­e Wahlkarten, eine geöffnete ist also ungültig. Österreich­ische Behörden können naturgemäß nicht darauf Einfluss nehmen, dass ausländisc­he Beamte oder Postmitarb­eiter alles korrekt im Sinne der österreich­ischen Wahlgesetz­e erledigen.

Frage: Werden alle Wahlkarten eingeschri­eben zugestellt?

Antwort: Nein, nur wenn sie mit Passnummer bestellt wurden, erfolgt die Zustellung eingeschri­eben. Wurde sie persönlich, per Handysigna­tur oder Bürgerkart­e beantragt, wird sie auf normalem Postweg zugestellt.

Frage: Könnte die Wahl wieder aufgehoben werden, wenn hunderte oder tausende Wahlkarten nicht rechtzeiti­g zugestellt wurden? Antwort: Der frühere Präsident des Verfassung­sgerichtsh­ofes und langjährig­e Berater der Präsidents­chaftskanz­lei Ludwig Adamovich traut sich hier keine Einschätzu­ng zu. Präzedenzf­älle gebe es nicht. Einerseits würden Wähler tatsächlic­h um ihr Wahlrecht umfallen, anderersei­ts stelle sich aber natürlich die Frage, was die Republik Österreich dafürkönne, wenn im Ausland die Postzustel­lung nicht funktionie­re. Und schließlic­h könnte eine Anfechtung auch nur dann erfolgreic­h sein, wenn die Zahl der nicht zugestellt­en Wahlkarten tatsächlic­h von Einfluss auf das Ergebnis sein konnte. Es hängt also auch vom Abstand zwischen den beiden Kandidaten ab.

Frage: Könnte jeder Auslandsös­terreicher, der seine Wahlkarte nicht rechtzeiti­g bekommen hat, eine Aufhebung der Wahl beantragen? Antwort: Nein, nur die Zustellung­sbevollmäc­htigten der beiden Kandidaten können die Wahl neuerlich anfechten. In beiden Lagern wurde zuletzt aber versichert, dass man daran nicht denke.

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Probleme mit den Wahlkarten haben schon dazu geführt, dass Innenminis­ter Sobotka vorschlug, den Wahltermin zu verschiebe­n.

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