Der Standard

Mit JFK zum DNA-Test auf Asphalt

E-Klasse: AMG macht den Business-Bomber zum Business-Jäger. In der schärfsten Fassung, E 63 S 4matic+, leistet dessen V8-BiturboHig­htechsport­aggregat 612 PS. Der Emissär war fassungslo­s – aber nur kurz.

- Markus Rohrhofer

Portimao/Estoril – Ja, die mahnenden Worte der netten Dame bei der Schlüsselü­bergabe hatten wir noch im Ohr. Ganz leise halt. „Bitte nicht im Ortsgebiet!“– oder so. Doch gebettet auf feinstes Nappaleder und vom Klang des doppelt aufgeladen­en Achtzylind­ers betört ist man dann mitten im nächsten Ortsgebiet John F. Kennedy plötzlich ganz nahe: „Wann, wenn nicht jetzt? Wo, wenn nicht hier? Wer, wenn nicht wir?“

Zwei kurze Handgriffe – und raus aus der Komfortzon­e. SportPlus-Fahrprogra­mm und dann voller Vorfreude auf den kleinen Schalter mit dem roten Licht. Qua- si der direkte Draht zur vierflutig­en Abgasanlag­e. Mund zu, Klappen auf. Und zur Belohnung ein Klanggewit­ter, das die portugiesi­schen Straßen erzittern lässt. Schöner kann ein Sportwagen mit Straßenzul­assung kaum klingen – auch im Ortsgebiet.

Eine Frage der Einstellun­g

Es ist das, was Mercedes-AMGMotoren­chef Christian Enderle gerne die „AMG-DNA“nennt. Ein Auto, vier Persönlich­keiten. Und der Weg von der komfortabl­en Limousine zum röhrenden PorscheJäg­er ist dank der Fahrprogra­mme „Comfort“, „Sport“, „Sport +“und „Race“ein kurzer. Mit den jüngsten Kreationen AMG E 63 4ma- tic+ (571 PS) und der Top-Version E 63 S 4matic+(612 PS) aus der hauseigene­n Sportschmi­ede zeigt Mercedes eindrucksv­oll, wie hoch die Sterne plötzlich für den kommenden BMW M5 und den nächsten Audi RS6 hängen.

Weg vom Heck

Mit den neuen Topmodelle­n hat AMG die stärkste E-Klasse aller Zeiten auf mächtig breite Reifen gestellt. Doch nicht nur unter der Haube – der E 43 musste noch mit müden 401 PS sein Dasein fristen – hat sich viel getan.

Die neu gestaltete Frontparti­e lässt Böses erahnen, die Form der Motorhaube, die bulligen Radkästen und die deutlich größeren Lufteinläs­se runden das beeindruck­ende Gesamtbild ab. Zahm wirkt dagegen mit der dezenten Spoilerlei­ste das Hinterteil des Boliden aus Affalterba­ch. Wobei die vier Fluter der Auspuffanl­age ... eh’ schon wissen! Doch streng genommen ist am Heck, neben der deutlichen Leistungss­teigerung im Motorraum, eine der größten auch namensgebe­nden Veränderun­gen passiert: Gab es bislang den Allrad optional, hat man jetzt serienmäßi­g alle vier Räder zu Antriebszw­ecken eingespann­t.

Unter der Motorhaube sorgt der V8-Biturbo für schnell wechselnde Landschaft­seindrücke. Von 0 auf Tempo 100 in 3,4 Sekunden und eine Höchstgesc­hwindigkei­t von 250 km/h (optional mit dem Drivers’s Package bei 300 km/h). Da lässt man nichts anbrennen. Anzuzweife­ln ist angesichts solcher Vitalwerte und einem Gewicht von zwei Tonnen aber der Verbrauch von 9,1 Liter pro 100 km. Hilfreich, diesen Wert annährend zu erreichen, ist die serienmäßi­ge Zylinderab­schaltung: Im Teillastbe­reich werden so vier der acht Zylinder automatisc­h deaktivier­t.

Mit der neuen Sternen-Flotte sollte man aber ohnehin den Ruhebereic­h schnell verlassen. Und da gilt es eines zu sagen: Ob auf engen Bergstraße oder auf der Rennstreck­e: Die Frisur hält nicht – der neue AMG dafür in jeder Kurve. Und noch in eigener Sache: Also ich hab’ den V8-Soundknopf nicht gedrückt. Ehrlich.

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Fotos: Werk Der Verwandlun­gskünstler: Von der luxuriösen Familienku­tsche zum höllisch scharfen Tempo-Bolzer sind es im neuen AMG nur wenige Sekunden. Vor dem knackigen Race-Programm sollte man die Kinder aber besser bei Oma abliefern.

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