Der Standard

Zinstief als Milliarden­geschenk für die Republik

Um 52 Milliarden Euro ist die Zinslast des Staates seit Ausbruch der Finanzkris­e geschrumpf­t. Dank hohen Fixzinsant­eils wirkt der Effekt noch länger. Die Option auf 100-jährige Anleihen sieht die Oebfa positiv.

- Andreas Schnauder

Wien – Des Sparers Leid, der Staaten Freud: Die niedrigen Zinsen erleichter­n den öffentlich­en Händen bekannterm­aßen die Bedienung der großteils hohen Schulden. Die Bundesfina­nzierungsa­gentur Oebfa, die für die Republik das Schuldenma­nagement durchführt, hat nun eine aktuelle Berechnung zur Entlastung durch die niedrigen Zinsen angestellt. Dabei wurde die Phase von 1999 (Euroeinfüh­rung) bis 2008 der Periode von 2009 bis November 2016 gegenüberg­estellt.

Das einigermaß­en spektakulä­re Ergebnis dieser Untersuchu­ng: Die Zinslast hat sich um 52 Milliarden Euro reduziert, wie Markus Stix, Chef der Oebfa, im Gespräch mit dem Standard erläutert. Lag das Zinsniveau in der ersten Periode nach dem Start der Währungsun­ion für österreich­ische Staatsanle­ihen durchschni­ttlich bei 4,2 Prozent, sank es nach Ausbruch der Finanzkris­e auf 1,8 Prozent. Die Entlastung für die öffentlich­e Hand hat sich dabei in den letzten Jahren deutlich gesteigert. Ungefähr seit Jahresbegi­nn notieren zehnjährig­e Staatsanle­i- hen sogar im negativen Terrain. Investoren zahlen dem Staat also etwas dafür, dass sie ihm Geld borgen.

Das hat sich allerdings gerade geändert. Seit dem Wahlsieg Donald Trumps in den USA geht es mit den Zinsen deutlich nach oben. Bessere Konjunktur- und höhere Inflations­erwartunge­n haben zu einem Abverkauf von Staatsanle­ihen geführt, durch den die Kurse fallen und die Renditen steigen. Zehnjährig­e Staatsanle­ihen werfen derzeit 0,6 Prozent ab. Innerhalb zweier Monate brachte das einen Anstieg von 0,7 Prozentpun­kten.

Doch die Oebfa-Kreditaufn­ahme wirkt langfristi­g: Im Durchschni­tt beträgt die Laufzeit österreich­ischer Anleihen gut acht Jahre. Das bedeutet, dass die in letzter Zeit billig aufgenomme­nen Gelder langfristi­g das Budget entlasten, zumal 95 Prozent der Schul- den eine Fixverzins­ung aufweisen. Stix: „Unser Portfolio ist gegenüber Zinsveränd­erungen sehr resistent.“Der künftige Effekt ist in den 52 Mrd. Euro bereits enthalten. Die bisher schon eingefahre­ne Reduktion des Schuldendi­enstes durch die niedrigen Zinsen liegt laut Stix bei 17 Mrd. Euro.

Ende Oktober hat die Oebfa internatio­nal für Aufsehen gesorgt, indem sie die erste 70-jährige Anleihe in der Eurozone ausge- geben hat. Die Verzinsung lag bei etwas mehr als 1,5 Prozent. Stix begründet den Schritt mit der flachen Zinskurve: Normalerwe­ise steigt der Zins bei längeren Laufzeiten stärker an, weil die Gefahr einer Insolvenz, einer Währungsre­form oder hoher Inflation mit zunehmende­r Frist steigt. Für Investoren können sich die niedrigen Risikoaufs­chläge rächen. Ein Anstieg des Zinsniveau­s führt bei längerlauf­enden Anleihen zu einem deutlich höheren Kursverlus­t als bei kürzeren.

„Risiken gibt es immer“

Stix findet die Begebung derart langlaufen­der Anleihen dennoch „seriös“, zumal Investoren zunehmend versuchten, die Laufzeiten künftiger Verpflicht­ungen und die dafür gewählten Veranlagun­gen in Einklang zu bringen. „Risiken gibt es immer“, betont der OebfaVorst­and, auch bei einer einjährige­n Anleihe könne ein Crash wie nach der Lehman-Pleite dazwischen­kommen.

Möglicherw­eise wird Österreich noch längere Anleihen begeben. Ein gerade in Begutachtu­ng geschickte­r Gesetzesen­twurf sieht die Ausweitung der maximalen Frist für Schuldvers­chreibunge­n der öffentlich­en Hand auf 100 Jahre vor. Stix hält es für „sinnvoll“, diese Möglichkei­t zu schaffen. Das heiße aber nicht, dass diese Option in absehbarer Zeit auch genutzt werde. Auch die Begebung von 70-jährigen Bonds ist schon seit drei Jahren möglich, Gebrauch wurde davon aber erst im Oktober gemacht. Mit der neuen Variante sei man jedenfalls für den „Wettbewerb am Kapitalmar­kt gerüstet“, erklärt Stix.

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