Der Standard

Arbeitslos­igkeit sinkt erstmals seit fünf Jahren wieder

Im November ist die Zahl der Arbeitslos­en um 0,2 Prozent gesunken. Der Rückgang dürfte ein Einzelfall bleiben. Über das Jahr gesehen hat sich die Lage am Jobmarkt zumindest nicht mehr weiter verschlech­tert.

- FRAGE & ANTWORT: Andreas Sator

Frage: Die Arbeitslos­igkeit ist offiziell gesunken. Können wir den Sekt aus dem Kühlschran­k holen? Antwort: Ja, aber nicht um ihn zu trinken. Denn Grund zum Feiern gibt es keinen. Für die Regierung ist es zwar PR-technisch gut, dass die Zahlen jetzt leicht zurückgehe­n. Am Gesamtbild ändert sich dadurch aber wenig. Die Arbeitslos­igkeit steigt in Wahrheit schon das gesamte Jahr über nicht mehr. Das zeigen Wifo-Daten, aus denen sich genauere Rückschlüs­se ziehen lassen. Einmal spuckt die Statistik etwas höhere Zahlen, einmal etwas niedrigere aus, so wie jetzt.

Frage: Es wird also nicht wirklich besser, aber auch nicht schlechter? Antwort: Ja, auch wenn die Unternehme­n wieder mehr verdienen. Die Wirtschaft läuft besser, wegen der Steuerrefo­rm wird mehr ausgegeben. Mit Stand Ende November waren beim AMS fast 29 Prozent mehr Stellen ausgeschri­eben als ein Jahr zuvor. Es gibt auch deutlich mehr offene Lehrstelle­n.

Frage: Dann sollte die Arbeitslos­igkeit doch stärker sinken? Antwort: In Österreich wollen immer mehr Frauen arbeiten, Ältere können nicht mehr so einfach in Frühpensio­n gehen und gleichzeit­ig suchen viele Ausländer hierzuland­e Jobs. Es gibt also nicht nur mehr Arbeit, sondern auch mehr Menschen, die arbeiten wollen.

Frage: Wurde von Experten nicht erwartet, dass die Zahl der Arbeitslos­en heuer wieder stark steigt? Antwort: Ja. Dass das nicht der Fall ist, ist aber ebenfalls kein Grund zum Feiern. Denn eigentlich ging man davon aus, dass sich viele Flüchtling­e schneller beim AMS melden können, um Kurse zu besuchen oder einen Job zu finden.

Frage: Warum tun sie das nicht? Antwort: Sie dürfen das erst, wenn ihnen die Behörden sagen, dass sie hier bleiben können. Die Asylverfah­ren dauern länger als erwartet. Derzeit sind beim AMS 27.700 Flüchtling­e gemeldet, etwa 10.000 mehr als im vorigen Sommer.

Frage: Wie läuft es für die Flüchtling­e, die schon Jobs suchen dürfen? Antwort: Mühsam. Das AMS gibt regelmäßig Zahlen für eine Gruppe von 9520 Flüchtling­en heraus, die 2015 ihren Bescheid erhalten und sich bis Juni beim AMS gemeldet haben. Ende Oktober hatten davon 14,4 Prozent einen Job. Frage: Wie schaut es mit den Österreich­ern aus? Antwort: Besser. Unter Menschen mit österreich­ischem Pass war die Zahl der Arbeitslos­en mit Stand Ende November um knapp drei Prozent niedriger als im Vorjahr. Vor allem Männer profitiere­n von der starken Bauwirtsch­aft und der Industrie, wo es mehr Jobs gibt.

Frage: Und bei Ausländern, die schon länger im Land sind? Antwort: Rechnet man die Flüchtling­e weg, ist die Zahl der arbeitslos­en Ausländer derzeit in etwa so hoch wie vor einem Jahr. Unter den Herkunftsl­ändern gibt es aber riesige Unterschie­de. Die Arbeits- losigkeit bei Türken und Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawie­n steigt etwa stark an, sagt Helmut Mahringer vom Wifo.

Frage: Wie geht es Älteren? Antwort: Zwar gibt es immer mehr Arbeitslos­e über 50, das liegt aber hauptsächl­ich daran, dass Österreich älter wird. Nimmt man die Arbeitslos­enrate her – sie liegt bei 9,7 Prozent – ist sie nur leicht höher als im Durchschni­tt.

Frage: Wie geht es weiter? Antwort: Die Arbeitslos­igkeit wird wieder steigen, weil mehr Flüchtling­e in die offizielle Statistik fallen, sagt Ökonom Mahringer.

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Im November mussten sich etwas weniger Menschen beim AMS anstellen. Die Behörden verzeichne­n knapp 1000 Arbeitslos­e weniger.

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