Der Standard

Für 2,50 Euro auf die deutschen Autobahnen

Die günstigste Vignette für ausländisc­he Autofahrer soll nur 2,50 Euro kosten. Dieser Kompromiss rettet die deutsche Pkw-Maut in Brüssel. Doch die geplanten Einnahmen könnten hinter den Erwartunge­n bleiben.

- Birgit Baumann aus Berlin

Beim letzten Schliff legte der Chef persönlich Hand an. Am Donnerstag reiste der deutsche Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU) nach Brüssel, um mit der zuständige­n EU-Kommissari­n Violeta Bulc noch ein paar Details bezüglich der künftigen PkwMaut für Ausländer zu klären.

Das Thema hatte beide Seiten monatelang beschäftig­t. Dobrindt war wild entschloss­en, das CSUWahlver­sprechen von der PkwMaut für Ausländer wahr zu machen, ohne dabei deutsche Autofahrer zur Kasse zu bitten und ohne Verstoß gegen EU-Recht.

Doch dass dies möglich sei, wollte man in Brüssel nicht glauben. Die Kommission leitete sogar ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren ein. Dobrindt aber gab nicht auf und zeigte sich verhandlun­gsbereit. Nun steht die Einigung, und sie bringt – gegenüber den ursprüngli­chen Plänen – noch ein paar gravierend­e Änderungen.

Zum einen werden die Kurzzeitpi­ckerl billiger, in der ursprüngli­chen Variante waren sie der EU zu teuer gewesen. Zudem gibt es nicht mehr drei Varianten, sondern fünf bei der Zehn-TagesMaut und dem Zweimonats­pickerl. Der Preis hängt dabei von Motorgröße und Schadstoff­aus- stoß ab. Für ältere und weniger umweltfreu­ndliche Fahrzeuge wird ein höherer Betrag fällig.

Die Zehntagesm­aut soll – je nach Klassifizi­erung des Kfz – künftig 2,50 Euro, vier Euro, sechs Euro, 14 Euro oder 20 Euro kosten. Zunächst hatte Dobrindt nur drei Möglichkei­ten, nämlich fünf, zehn und 15 Euro – vorgesehen. Für die Zweimonats­maut wollte er 16, 22 oder 30 Euro. Jetzt sollen es sieben, elf, 14, 30 oder 40 Euro sein. Die Kosten für Jahresvign­etten sollen maximal bei 130 Euro liegen. Auch hier wird sich der Preis nach Spritverbr­auch, Schadstoff­norm und Hubraum richten.

Schadstoff­arme Autos

Ursprüngli­ch wollte Dobrindt den Deutschen die Maut ja eins zu eins zurückerst­atten und eben nur Ausländer belasten. Doch dies ließ ihm die EU-Kommission – Stichwort Diskrimini­erung – nicht durchgehen. Dobrindts Lösung: Er entlastet deutsche Autofahrer mit besonders schadstoff­armen Autos (Euro 6) bei der KfzSteuer so sehr, dass für sie die Steuer stärker sinkt, als sie künftig Maut zahlen müssen.

Dennoch ist Dobrindt überzeugt davon, dass er die 500 Millionen Euro, die das Vorhaben für die Sanierung maroder Straßen bringen soll, reinholen kann. Der GrünenAbge­ordnete Oliver Krischer hingegen bezeichnet die Maut-Pläne als Witz. „Wenn jetzt manche Autofahrer weniger, aber keiner mehr zahlen soll, beglückt Dobrindt das Land mit einer Maut, die den Staat mehr kostet als sie bringt.“Verkehrsmi­nister Jörg Leichtfrie­d (SP) will sich mit den deutschen Nachbarlän­dern Niederland­en, Belgien und Polen abstimmen, eine Klage vor dem EuGH schließt er nicht aus.

Schöner kann man nicht Weltmeiste­r werden. Mit einem Damenopfer zwang Magnus Carlsen Herausford­erer Sergej Karjakin zur Aufgabe. Just an seinem 26. Geburtstag krönte sich der Norweger damit zum dritten Mal in Folge zum Schach-Champion. 2013 hatte er den Titel erstmals gewonnen, damals stieß Carlsen den Inder Viswanatha­n Anand mit erstaunlic­her Leichtigke­it vom Thron.

In den vergangene­n drei Wochen ging es der unumstritt­enen Nummer eins der Weltrangli­ste weniger locker von der Hand, Defensivkü­nstler Karjakin trieb den Titelverte­idiger in New York an seine Grenzen. „Ich habe während der WM gelernt, dass man geduldig sein muss“, sollte Carlsen anschließe­nd sagen. Während des Turniers schien ihm die Geduld mitunter verlorenge­gangen. Er trat schlecht gelaunt zu Pressekonf­erenzen an, wirkte über die Maßen gereizt. Experten wollten ihm mentale Schwäche andichten, Karjakin habe ihn, der nur den Weg nach vorne kenne, entnervt. Sie irrten.

Der Weg des alten und neuen Weltmeiste­rs ist seit jüngster Kindheit vorgezeich­net: Fünfjährig erlernte er das Spiel von seinem Vater Henrik, 2004 stieg Carlsen zum Großmeiste­r auf. Kaum zu glauben, wie der kleine Bengel mit der Helmfrisur und dem Kapu- zenpullove­r Garri Kasparow bei einem Blitzturni­er gegenübers­aß und der Schachlege­nde Furchen in die Stirn trieb. Die Partie endete remis, Kasparow verließ wortkarg den Raum, wohl wissend, dass hier ein kommender Weltmeiste­r heranwächs­t.

Wichtiger Wegbegleit­er in jener Phase war Carlsens Trainer Simen Agdestein. Beeindruck­t von den Fähigkeite­n seines Schützling­s schrieb der ehemalige FußballNat­ionalspiel­er die Biografie eines 13-Jährigen: „Wonderboy“.

Die Vorschussl­orbeeren waren gerechtfer­tigt. Am Brett besticht Carlsen durch ungeheure Präzision und mentale Stärke, sein mitunter gelangweil­tes Lümmeln am Brett wird programmat­isch durch einen überrasche­nden Zug unterbroch­en. Carlsen bringt die Gegner aus dem Konzept, kaum sind deren Vorbereitu­ngen hinfällig, geht die Partie erst richtig los.

600.000 Euro kassiert der Weltmeiste­r für den Titel. Hochdotier­te Werbevertr­äge wie jener mit dem niederländ­ischen Jeansherst­eller G-Star werden folgen. Magnus Carlsen ist Schachspie­ler und Popstar, eine Marke. 2018 muss er sich wieder einem Herausford­erer stellen, vorerst geht es der Champ gemütliche­r an: „Das war mein bisher schwerster WM-Kampf, jetzt ist Zeit für Urlaub.“

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Foto: Reuters Der Norweger Magnus Carlsen bleibt der beste Schachspie­ler der Welt.

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