Der Standard

Regierungs­krise hochjazzen

- Astrid Ebenführer

Jan Schulte ist pleite. Der Journalist – einst gutbezahlt­er Auslandsko­rresponden­t – muss jetzt um viel weniger Geld in einer Onlinereda­ktion für Zugriffe sorgen. Echt fies, dieser Medienwand­el. Früher war alles besser. „Ist das nicht viel zu feuilleton­istisch für ein Onlinemedi­um? Sie brauchen Klicks, viele Klicks!“, fasst das der Sprecher der Ministerin im ARD-Film Die vierte Gewalt zusammen. Doch dann werden Schulte Papiere zugespielt, offenbar hat die Gesundheit­sministeri­n ihre Position ausgenutzt, damit ihr Bruder bei einer Herztransp­lantation bevorzugt wird. Das könnte sie ihren Job kosten.

Ein gefundenes Fressen für Schulte, das ihm Drehbuchau­tor Jochen Bitzer Mittwochab­end im Ersten serviert hat. Der alte Spürhund, gespielt von Benno Fürmann, wittert gleich den großen Scoop. Der soll ihm eine fixe Anstellung beim seriösen Blatt Die Republik bringen. Ganz so unabhängig, wie sich die Zeitung gerne gibt, ist aber auch Die Republik nicht. Herausgebe­r Winter ist eng verbandelt mit der Gesundheit­sministeri­n und will die Veröffentl­ichung verhindern. Ebenso wie Schultes karrierebe­wusste Freundin Britta. Weil: In Zeiten wie diesen steht einem der Herausgebe­r doch näher als der Journalist­enfreund.

Medienwand­el und Abhängigke­iten zwischen Politik und Verlegern bieten durchaus spannenden Stoff. In Die vierte Gewalt wurden jedoch vor allem Klischees bedient – etwa wenn sich Chefredakt­eure so über ihre Zukunft unterhalte­n: „Wenn wir das zu einer Regierungs­krise hochjazzen, kriegen wir Neuwahlen. Bringt uns alle wieder in die schwarzen Zahlen!“Aber immerhin hat Schulte seinen Kummer nicht in Schnaps ertränkt. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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