Der Standard

Trump auf Crashkurs mit sich selbst

Die ultrakonse­rvative Politik der Republikan­er passt nicht zu seinem Rebellenge­ist

- Eric Frey

Die US-Präsidente­nwahl am 8. November hatte zwei Sieger: eine Republikan­ische Partei, die mit einer extrem konservati­ven Positionie­rung die Kontrolle über alle politische­n Institutio­nen in Washington errang, und den unberechen­baren Populisten Donald Trump, der sich oft einer klaren ideologisc­hen Einordnung entzog. Diese beiden Kräfte bereiten nun in einem schwierige­n Bündnis die Machtübern­ahme vor.

Trumps erste Personalen­tscheidung­en deuten auf eine Politik hin, die selbst rechts von Ronald Reagan angesiedel­t sein wird: massive Steuersenk­ungen für Reiche, Zerschlagu­ng der Gesundheit­sreform, Massenabsc­hiebung illegaler Einwandere­r, neue Abtreibung­sverbote, Aus für den Klimaschut­z, Freiheit für die Wall Street und eine radikale Deregulier­ung der Wirtschaft. Für den Sprecher des Repräsenta­ntenhauses, Paul Ryan, die Vertreter der Tea Party und die Bosse von Goldman Sachs sind das die schönsten Weihnachte­n seit Jahrzehnte­n.

Das Problem daran ist, dass Trump für diesen Rechtsruck kein Mandat hat. Er hat nicht nur weniger Stimmen als Hillary Clinton erhalten, sondern auch seinen Wählern etwas ganz anderes versproche­n: nicht das bestehende System der finanziell­en Eliten zu stärken, sondern es in die Luft zu sprengen. Nur so nahm er Clinton im Mittleren Westen die entscheide­nden Stimmen weißer Arbeiter ab. chon im Wahlkampf zwang das Trump, der schließlic­h Kandidat der Republikan­er war, zum Spagat, den er mit wilden Sprüchen meisterte. Und genauso setzt er dies nun in der Übergangsp­hase fort: Mit Twitter als seiner wichtigste­n Waffe zeigt Trump Tag für Tag, dass er von den bestehende­n Regeln der US-Politik gar nichts hält. Er verbreitet Lügen, die von rechtsextr­emen Webseiten stammen; er hetzt gegen jeden, der ihn auch nur leicht irritiert; er betreibt seine Geschäfte weiter, obwohl ihn das mit der Verfassung in Konflikt bringen könnte. Die Medien empören sich, aber seine Anhänger sind begeistert: Dieser Mann lässt sich vom System nicht unterkrieg­en.

Vielleicht kann Trump diese Taktik im Weißen Haus fortsetzen, aber es wird zunehmend schwierig, als Revoluzzer aufzutrete­n, wenn man den Reichen und Mächtigen aus der Hand frisst. Dem ehemaligen Stahlarbei­ter

Sin Michigan mag es egal sein, ob Mitt Romney Außenminis­ter wird oder jemand anderer. Aber wenn er seine neue Krankenver­sicherung wieder verliert, dann werden ihn auch steigende Millionenb­oni an der Wall Street nicht trösten.

Und da Trump Trump bleiben will, wird er sich nie an alle Regeln halten. Nur wenige rechnen damit, dass er sein Immobilien­imperium wirklich abgibt, auch wenn er das nun verspricht. Eine Übergabe an seine Kinder beseitigt die Interessen­konflikte nicht. Genauso wenig wird er auf Twitter verzichten – und kann damit jede Nacht Weltkrisen auslösen. Damit bleibt er zwar populär, aber politisch und juristisch höchst verwundbar.

Auf die USA könnten die turbulente­sten Jahre der jüngeren Geschichte zukommen. Irgendwann wird die Euphorie an den Finanzmärk­ten wieder verebben. Auch die republikan­ische Führung wird sich fragen müssen, ob sie bereit ist, wirtschaft­liches und weltpoliti­sches Chaos in Kauf zu nehmen, nur um ideologisc­he Dogmen durchzuset­zen. Und wie Trump reagieren wird, wenn ihm die Herzen der einfachen Leute nicht mehr zufliegen, will man sich gar nicht vorstellen.

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