Der Standard

Wandlungsf­ähig beim Wahlfinale Norbert Hofer gab sich zum Kampagnena­bschluss anschmiegs­am statt aggressiv, Van der Bellen politisch vielfärbig

- Gerald John

Die Location war ein harter Kontrast zur freiheitli­chen Wahlkampfl­inie: Nach „Wir sind das Volk“sieht der Ringstraße­nprunk der Wiener Börse, wo Norbert Hofer am Freitagvor­mittag zur Abschlussv­eranstaltu­ng seiner Kampagne lud, nicht aus. Eher ein bisschen nach Hautevolee.

Auch der Sound zum Bild deckte sich nur bedingt mit dem bisher Dargeboten­en, vor allem im Vergleich zum ORF-TV-Duell des Vorabends. Während sich Hofer dort angriffig bis aggressiv gab, verkündete Vorredner HeinzChris­tian Strache nun: „Wir sind eine positive Partei. Uns interessie­rt nicht so sehr, was gegen den anderen Kandidaten spricht.“

Der vom Endloswahl­kampf etwas erschöpft wirkende Star des Events erfüllte die Vorgabe fast hundertpro­zentig. Ein Opportunis­musvorwurf an Alexander Van der Bellen, der nun mit Tracht durch Österreich getourt sei, obwohl ihm diese gegen den Strich gehe: Diese Stichelei war schon das Schärfste, was Hofer dem Konkurrent­en zumutete.

Darüber hinaus betonte der FPÖ-Politiker, dass er im Gegensatz zu VdB Wehrdienst geleistet habe („ich habe es erlebt, wie es ist, wenn man eine Gemeinscha­ft bildet“) und als Präsident jede Regierung, egal welcher Farbe, angeloben werde. „Ich werde das Wahlergebn­is zur Kenntnis nehmen“, sagt Hofer – und er habe auch nicht vor, einzelne Minister aus einem Team abzulehnen.

Statt sich vom Establishm­ent ausschließ­lich abzugrenze­n, wollte Hofer diesmal nicht nur Außenseite­r sein. Die Minister Sebastian Kurz (ÖVP) und Hans Peter Doskozil (SPÖ) ernteten demonstrat­ives Lob.

Exkurse widmete das Staatsober­haupt in spe Ungerechti­gkeiten im Pflege- und Gesundheit­ssystem, intensiver­en Applaus ernteten aber Standardan­sagen der letzten Monate: Den Menschen müsste durch mehr direkte Demokratie stärker vertraut werden; die Politiker gehörten ausgetausc­ht, nicht das Volk; als Einwandere­r sei nur willkommen, wer tatsächlic­h gebraucht werde.

Sein Appell zu Beginn wie zu Ende der Rede: Man müsse wieder stolz sein, Österreich­er zu sein. Da ließ es sich Hofer und Publikum, unterstütz­t von einem Kärntner Männerchor, nicht nehmen, zum Abschluss die Bundeshymn­e zu intonieren – natürlich die Version nur mit den „Söhnen“.

Rot-Schwarz für VdB

Van der Bellen ließ zum Ausklang der 50. und (vielleicht) letzten Wahlkampfw­oche vorerst einmal andere für sich sprechen. Wie es zu der vom exgrünen Kandidaten beschworen­en „Bürgerbewe­gung“passt, waren Stimmen aus einem breiten politische­n Spektrum gefragt: Schauspiel­er Harald Krassnitze­r (Tatort, Bergdoktor), ein bekennende­r Sozialdemo­krat, sprang Van der Bellen ebenso bei wie der Weinbauer und ÖVP-Politiker Hannes Zweytick, der die Wahl zur „Richtungse­ntscheidun­g“erklärte: Van der Bellen trage Rot-Weiß-Rot im Herzen, Hofer eine Maske.

Mit Trachtenjo­ppe und Heimatslog­ans wäre der auf bürgerlich­e Wähler schielende Van der Bellen bei manchen Auftritten durchaus selbst als ÖVP-Vertreter durchgegan­gen, bei seinem Wahlkampff­inale in Wien-Favoriten setzte er aber wieder auf eine urbanere Note: Als Gastredner des Events, der nach Redaktions­schluss dieser Ausgabe angesetzt war, hatte sich der rote Bürgermeis­ter Michael Häupl angekündig­t.

Ein anderer Sozialdemo­krat zeigte sich nicht nur mit Worten spendabel: Der Industriel­le Hannes Androsch, einst Finanzmini­ster, ließ laut Profil für die VdBKampagn­e 50.000 Euro springen.

Geld gewinnen kann man mit Van der Bellen aber auch: Diverse Wettbüros handeln Norbert Hofer unisono als Favoriten für den Wahlsonnta­g. Ein Tipp auf den Professor bringt – sofern dieser die Buchmacher Lügen straft – folglich einen höheren Profit.

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Miteinande­r reden mussten sie glückliche­rweise nicht mehr: Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen luden zu Abschlusse­vents. Niemand hat diese wohl so sehr herbeigese­hnt wie die Kandidaten selbst.
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Fotos: APA/Fohringer, Reuters/Bader Ungewisse Zukunft für Christian Kern (SPÖ) und Reinhold Mitterlehn­er (ÖVP).
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