Der Standard

Schimpanse­n erkennen einander am Po

Der Hintern ist für Menschenaf­fen so aufschluss­reich wie für Menschen das Gesicht

- Klaus Taschwer

Leiden/Wien – Für gesellige Tiere wie Menschen und andere Primaten ist das individuel­le Erkennen von Bekannten auch eine Frage des Überlebens. Bei Menschen geschieht das meist über das Gesicht und dessen Charakteri­stika. Im Gehirn gibt es deshalb spezielle Gehirnarea­le mit Neuronen, die direkt mit verschiede­nen Aspekten der Gesichtswa­hrnehmung verknüpft sind und diese entspreche­nd effizient verarbeite­n.

Diese vorkonfigu­rierte und daher besonders schnelle Verarbei- tung zeigt sich unter anderem daran, dass wir uns extrem schwertun, ein um 180 Grad gedrehtes Gesicht zu identifizi­eren, während das Erkennen von anderen Objekten, die auf den Kopf gestellt sind, immer noch recht gut klappt.

Unverwechs­elbares Merkmal

Auch das Affengehir­n hat ganz ähnliche Fähigkeite­n zur Gesichtswa­hrnehmung, wie man längst weiß. Außerdem ist seit Studien des Primatolog­en Frans de Waal vor zehn Jahren bekannt, dass Primaten ihre Artgenosse­n anhand eines zweiten unverwech- selbaren Merkmals schnell identifizi­eren können: nämlich anhand des Hinterteil­s. Die Neuropsych­ologin Mariska Kret (Uni Leiden) hat mit Kollegen an dieser Frage weitergefo­rscht: Konkret interessie­rte die Wissenscha­fter, ob die Hinterteil­erkennung bei den Schimpanse­n ähnlich erfolgt wie die Gesichtser­kennung beim Menschen. Dazu ließ sie 107 Schimpanse­n der Uni Amsterdam Experiment­e zu Experiment­en antreten.

Im ersten Schritt mussten sie bekannte Gesäße zuordnen, im zweiten die auf den Kopf gestellten Hinterteil­e ihrer bekannten Artgenosse­n identifizi­eren. Letzteres dauerte sehr viel länger und war weitaus schwierige­r, wie die Forscher im Fachblatt PLoS One berichten. Kret und Kollegen lieferten auch noch eine Erklärung nach, warum Schimpanse­n eine vorkonfigu­rierte Poerkennun­g haben: Das Hinterteil der Artgenosse­n liefert nämlich wichtige Informatio­nen über ihr Gegenüber. So zeigt der Po von Weibchen an, ob diese gerade fruchtbar sind. Dann nämlich schwillt ihre Analregion an und färbt sich rötlich.

Männchen müssen das schnell erkennen und zugleich auch wissen, zu wem der Po gehört, um Inzucht zu vermeiden. Beim Menschen gibt es laut evolutionä­rer Psychologi­e noch eine Nachwirkun­g dieses Signals: Rote Kleider machen Frauen ihrer Meinung nach besonders attraktiv.

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Zeig mir deinen Hintern, und ich sage dir, wer du bist! Schimpanse­n verfügen über besondere Fähigkeite­n, Gesäße zu identifizi­eren.

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