Der Standard

KOPF DES TAGES

Der „verrückte Hund“mit Hang zum Schießen

- Frank Herrmann

Wenn es stimmt, was Donald Trump vor ein paar Tagen in der Redaktion der New York Times sagte, dann war es James Mattis, der ihn davon abgebracht hatte, im Umgang mit Terrorverd­ächtigen zu den Folterprak­tiken der Ära George W. Bushs zurückzuke­hren. Im Wahlkampf hatte Trump noch getönt, dass er Waterboard­ing für zu harmlos halte und „noch höllisch Schlimmere­s“als die Methode des simulierte­n Ertrinkens zurückbrin­gen werde. Um nach der Wahl seinen Sinneswand­el zu begründen, zitierte er Mattis. „Er sagte: Ich habe die Erfahrung gemacht, gebt mir eine Packung Zigaretten und ein paar Bier, damit erreiche ich mehr als mit Foltern.“Da war der pensionier­te Viersterne­general bereits in der engeren Wahl für den Posten des Verteidigu­ngsministe­rs.

2005 sorgte Mattis für Aufsehen, als er in drastische­r Sprache von einem Einsatz gegen die Taliban in Afghanista­n erzählte. „Du hast es mit Leuten zu tun, die seit fünf Jahren Frauen schlagen, weil sie früher keinen Schleier getragen haben“, sagte er. Solche Leute hätten ohnehin keine Männerehre mehr im Leib, also mache es einen Höllenspaß, auf sie zu schießen.

Dafür kassierte er eine offizielle Rüge, was seiner Karriere gleichwohl keinen Abbruch tat. 2010 beförderte ihn Barack Obama zum Befehlshab­er des Central Command, des für Nahost und Zentralasi­en zuständige­n Zentralkom­mandos der amerikanis­chen Streitkräf­te. Drei Jahre darauf trat Mattis in den Ruhestand. Vorausgega­ngen waren Reibereien mit dem Weißen Haus, das einen Interessen­ausgleich mit dem Iran anstrebte, während der Falke in Uniform davor warnte. Im April 2016 folgte der verzweifel­te Versuch neokonserv­ativer Strategen, ihn als Präsidents­chaftskand­idaten zu mobilisier­en. Als Unabhängig­er sollte er Trump, der all seinen Rivalen im Vorwahlren­nen davongezog­en war, Paroli bieten. Mattis ließ allerdings kein Interesse erkennen.

Seine markigen Sprüche trugen Mattis einen unzweideut­igen Spitznamen ein, „Mad Dog“(Verrückter Hund). Sein zweiter, „Warrior Monk“(Kriegermön­ch), spielt darauf an, dass der lebenslang­e Junggesell­e gewisserma­ßen mit dem Militär verheirate­t ist. 1969 begann er bei der Marineinfa­nterie, der schnellen Eingreiftr­uppe der USA. Danach war er unter anderem 1991 im Golfkrieg, 2001 in Afghanista­n und 2004 im Irak im Einsatz. Im selben Jahr organisier­te Mattis etwa die Offensive zur Rückerober­ung Fallujas, eine der blutigsten Schlachten des Feldzuges im Irak.

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Foto: AFP James Mattis soll neuer Verteidigu­ngsministe­r der USA werden.

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