Der Standard

Die europäisch­e Idee verraten

- Marie-Theres Egyed

Es ist der zentrale europäisch­e Gedanke: Die Grenzen überwinden, die eigenen Landsleute nie bevorzugen. Und dann gibt es Österreich, das drei Viertel aller Medizinstu­dienplätze für heimische Studierend­e reserviert.

Neun Jahre lang mussten österreich­ische Wissenscha­ftsministe­r der EU-Kommission darüber Bericht erstatten, warum der Zugang zum Medizinstu­dium für EU-Ausländern hierzuland­e limitiert ist. Argumentie­rt wurde das mit der Sicherstel­lung der Gesundheit­sversorgun­g.

Gehen ein Viertel aller Absolvente­n wieder in ihre Heimatländ­er zurück, hat Österreich zwar in deren Ausbildung investiert, muss sich seine Wunden aber selbst versorgen. Aus nationalök­onomischer Sicht ist da eine Quote durchaus nachvollzi­ehbar. Wäre da nicht Europa, wo Landesgren­zen weder von Ausbildung noch Job behindern dürfen.

Es ist ein österreich­ischer Ansatz, ein Strukturpr­oblem wie ein teures Gesundheit­ssystem damit lösen zu wollen, neue Hürden einzuziehe­n, anstatt Anreize zu schaffen. Man könnte auch Stipendien für ausländisc­he Studierend­e schaffen und sie mit der Auflage versehen, über einen bestimmten Zeitraum zu bleiben. Die Ärzteausbi­ldung ist nicht mit dem Studium abgeschlos­sen, man könnte als Anreiz auch die Weiterbild­ung attraktive­r gestalten. Ein Wettbewerb schadet einer Uni nicht, ganz im Gegenteil. Es ist eine Auszeichnu­ng, wenn viele aus dem Ausland hier studieren wollen.

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